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Wohl lebt die Bosheit mit der Natur zusammen. Allein sie beherrscht letztere nur in dem Maße, als sie Nahrung erhält. Das Unkraut kann allerdings die junge, üppig aufsprossende Getreidesaat ersticken. Ist aber einmal der Sommer mit seinen reifen Früchten gekommen, dann schadet das Unkraut dem Getreide nichts mehr. Wären etwa dreißig Scheffel reines Getreide mit S. 225 einer Chönix1 Unkraut durcheinandergesät und ginge letzteres auf, so würde es von dem Übermaße des Getreides erstickt. So ist es auch mit der Gnade. Ist einmal „die Gabe Gottes“2 und die Gnade im Menschen in Fülle vorhanden, ist er reich beim Herrn3, die Bosheit aber nur in beschränktem Maße in ihm, so kann sie dem Menschen nicht mehr schaden. Denn sie hat keine Kraft und keinen Nährboden in ihm. Zweck der Ankunft des Herrn und Gegenstand seiner Fürsorge war ja die Befreiung derer, die in der Sklaverei, in der Knechtschaft und unter dem Joche der Bosheit seufzten, um sie zu Siegern über den Tod und die Sünde zu machen. Es dürfen sich darum die Brüder nicht wundern, wenn so manche Drangsal über sie kommt. Denn das geschieht zur Befreiung von der Bosheit.
