21.
Wie zwischen den Wogen schwache Schiffe untergehen, ebenso leiden schwächliche Geister zwischen der Güte und der Gerechtigkeit Schiffbruch. Weil hier Unklarheit herrscht, so gerät die Armseligkeit [des Geistes] in Verlegenheit. Wenn man auch nicht alles davon begreift, so begreift man doch soviel, als zuträglich ist. Es genügt für uns zu wissen, daß der Richter aller nicht ungerecht handeln kann. Es ist für uns genug, zu wissen, daß wir ihm keinen Vorwurf machen können; denn es wäre Vermessenheit, wenn das Gefäß seinen Bildner belehren wollte. Mit welchem Rechte könnte der Mensch denjenigen tadeln, der die Urteilskraft verleiht? Wie könnte er ohne den urteilen, der ihn vernünftig gemacht hat? Welches Wissen könnte den richten, der alles weiß? Du hast von ihm deinen Verstand erhalten, sei also durch das dir Verliehene verständig, und wenn du von ihm etwas empfangen hast, so nahe ihm durch das Seinige [durch die verliehene Vernunft]! Die Gabe des Gebers bringt dich ja zum Geber; durch die Einsicht, die er dir verliehen, vermagst du dich selbst und deinen Gott zu erkennen. Was immer von ihm dir zufließt, zieht dich in Ruhe 1 zu ihm; aber deine Anstrengung reicht nicht aus, um zu ihm zu gelangen. Er hat dir Vernunft gegeben und dich erhöht; setze doch S. 22 nicht durch sie ihren Geber herab! Wenn du Gewinn erzielt hast und reich geworden bist, so verdankst du ihrem [der Vernunft] Kapital die Größe des Gewinnes. Dein Wissen stammt von ihm; du hast nur das Abbild, er die Vollendung. Wenn du durch den Verstand, den sein Hauch dir einblies, deine Schuldigkeit erkennst, um wieviel größer wird dann die Erkenntnis desjenigen sein, der die Quelle des Verstandes selbst ist! Betrachte genau die erlangte Erkenntnis deiner Schuldigkeit, so wirst du erkennen, daß sie der Weisheit anderer bedarf. Wo bleibt also dein Wissen? Es ist nichts im Vergleiche zur [wahren] Weisheit. Es ist also Vermessenheit, wenn das Geschöpf weiser sein will als sein Schöpfer.
d.h. mühelos. ↩
