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Augustinus antwortete: Ich habe schon oben erwähnt, wie oft sich der Herr Jesus Christus Sohn des Menschen nennt, und wie grossspurig die Manichäer den Mythos von einem nebulösen frei erfundenen Ersten Menschen aus ihrer gotteslästerlichen Irrlehre hervorholen, den sie nicht als Irdischen, doch mit täuschend sich wandelnden Elementen ausgerüstet darstellen, ganz im Gegensatz zum Apostel, der sagt (I Kor. 15,47): Der erste Mensch ist aus Erde, ist irdisch, und wie besorgt uns derselbe Apostel ermahnt hat, indem er sagte (Gal. 1,8 f.): Wenn euch einer etwas anderes verkündet als was wir euch verkündet haben, sei er verflucht! Daher bleibt nichts anderes als an Christus als Sohn des Menschen zu glauben, so wie er durch die apostolische Wahrheit verkündigt wird, nicht aber, wie er durch das Lügengespinst der Manichäer vorgegaukelt wird. Wenn also die Evangelisten verkünden, dass er von einer Frau aus dem Haus Davids, d.h. aus dem Geschlecht Davids geboren wurde, und wenn Paulus an Timotheus folgende Worte schreibt (II Tim. 2,8): Denk daran, dass Christus Jesus aus dem Samen Davids auferstanden ist von den Toten gemäss meinem Evangelium, so erhellt daraus zur Genüge, wie wir an Christus als Sohn des Menschen, glauben müssen, der als Sohn Gottes, durch den wir geschaffen wurden, durch Annahme des Fleisches auch Sohn des Menschen geworden ist, um zu sterben wegen unserer Sünden und wieder aufzuerstehen wegen unserer Rechtfertigung (cf. Rm. 4,25). Deshalb bezeichnet er sich als beides, sowohl als Sohn Gottes wie auch als Sohn des Menschen. So heisst es beispielsweise – um nicht die ganze Menge von Belegen zu zitieren – an einer Stelle im Johannes-Evangelium (Joh. 5,25-27): Wahrlich wahrlich ich sage euch, es kommt die Stunde und jetzt ist sie da, in der die Toten hören werden die Stimme des Sohnes Gottes; und die sie hören, werden, leben. Denn wie der Vater das Leben hat in sich selbst, so hat er auch dem Sohn verliehen, Leben zu haben in sich selbst; und er hat ihm Vollmacht gegeben, auch Gericht zu halten, da er der Sohn des Menschen ist.
Er sagte (Joh. 5,25): Die Stimme des Sohnes Gottes werden sie hören, und er sagte (Joh. 5,27): Da er der Menschensohn ist. Denn in jener Natur, die er mit dem Satz Er ist der Sohn des Menschen ausdrückte, bekam er die Vollmacht, Gericht zu halten, da er ja in dieser Gestalt zum Gericht kommen wird, um von den Guten und den Bösen erkannt zu werden. In dieser Gestalt stieg er auch in den Himmel auf, und es ertönte den Jüngern die Stimme (Apg. 1,11): Er wird ebenso wiederkommen, wie ihr ihn habt hingehen sehen zum Himmel. In der Natur aber, in der er als Sohn Gottes wesensgleich ist mit dem Vater (Phil. 2,6) und mit dem Vater eins ist, wird er von den Bösen nicht erkannt werden; denn selig sind die Herzensreinen, denn sie werden Gott schauen (Mt. 5,8). Weil er also denen, die an ihn glauben, das ewige Leben verspricht, und weil an ihn glauben nichts anderes ist als an den wahren Christus glauben, so wie er sich selbst verkündigt und wie er von den Aposteln verkündigt wird, d.h. an Christus als den wahren Sohn Gottes und gleichzeitig den wahren Sohn des Menschen, so seht ihr Manichäer, die ihr an einen falschen und betrügerischen Christus, den Sohn eines falschen und betrügerischen Menschen glaubt – ihr lehrt ja, dass euer Gott, durch das Kriegsgeschrei des gegnerischen Volkes in Schrecken versetzt, seine eigenen Glieder ausgesandt habe, mit dem Ergebnis, dass sie Qualen ausgesetzt und später nicht mehr vollständig gereinigt werden konnten –, wie weit entfernt ihr vom ewigen Leben seid, das Christus jenen versprochen hat, die an ihn glauben. Aber er hat doch (könnte man einwenden) den Satz (Mt. 16,17): Selig bist du, Simon Barjona, damals zu Petrus gesagt, als sich dieser zu ihm als Sohn Gottes bekannte! Folgt etwa daraus, dass er denen, die an ihn als Sohn des Menschen glaubten, nichts verheissen hat, wo er doch in einer Person Sohn Gottes und Sohn des Menschen ist? Nein, offen vor deinen Augen liegt auch die Verheissung des ewigen Lebens an die, die an den Sohn des Menschen glaubten. Sagt Jesus doch (Joh. 3,14 f.): Wie Moses die Schlange erhöhte in der Wüste, so muss erhöht werden auch der Menschensohn, damit ein jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe.
Was wollt ihr mehr? Glaubt also an den Sohn des Menschen, damit ihr das ewige Leben habet, da dieser ja gleichzeitig auch der Sohn Gottes ist, der das ewige Leben geben kann, denn er selbst ist der wahrhaftige Gott und das ewige Leben, so wie es derselbe Johannes in seinem Brief sagt (I Joh. 5,20), wo er auch noch (cf. I Joh. 4,3) den zum Antichrist erklärt, der leugnet, dass Christus im Fleisch gekommen sei.
