13.
Sobald Martinus das erfahren hatte, eilte er noch zur Nachtzeit rasch in den Palast. Er versprach, die Gemeinschaft wieder aufzunehmen für den Fall, daß Schonung gewährt würde und auch die Tribunen zurückgerufen würden, die schon nach Spanien zum Verderben S. 140der dortigen Kirchengemeinden abgegangen waren. Maximus gewährte unverzüglich alles. Auf den folgenden Tag war die Weihe des Bischofs Felix1 anberaumt. Dieser wahrhaft heilige Mann hätte verdient, in besseren Zeiten Bischof zu werden. An diesem Tage trat Martinus in Gemeinschaft mit den Bischöfen; er hielt es für besser, für kurze Zeit nachzugeben, als die ihrem Schicksal zu überlassen, über deren Nacken schon das Schwert schwebte. Indes, so sehr auch die Bischöfe in ihn drangen, jene Gemeinschaft mit seiner Unterschrift zu bekräftigen, hierzu ließ er sich nicht bewegen. Anderen Tages brach er rasch auf. Während der Heimreise seufzte er voll Betrübnis darüber, daß er, wenn auch nur kurze Zeit, sich in eine so verderbliche Gemeinschaft eingelassen habe. Es war nicht weit von dem Orte, der Andethanna2 heißt; hier führte der Weg durch endlose Waldeinsamkeiten3 . Martinus setzte sich nieder, seine Begleiter waren etwas vorausgegangen; er dachte über die Ursache des betrübenden Vorkommnisses nach; bald warfen ihm seine Gedanken Schuld vor, bald sprachen sie ihn frei4 . Plötzlich stand ein Engel vor ihm und sprach: "Martinus, mit Recht verurteilen dich Gewissensbisse; allein es gab für dich keinen anderen Ausweg. Fasse wieder Mut, werde wieder fest, sonst kommt nicht deine Ehre, sondern dein Seelenheil in Gefahr." Von jener Zeit an hütete er sich sehr, sich je wieder in weitere Gemeinschaft mit der Partei des Ithacius einzulassen. Doch da er einige Besessene langsamer als sonst und mit geringerer Wunderkraft geheilt hatte, bekannte er uns öfter mit Tränen, wegen jener verderblichen Gemeinschaft, zu der er sich für einen Augenblick aus Not, nicht aus Überzeugung herbeigelassen habe, fühle er S. 141eine Verringerung der Wunderkraft. Sechzehn Jahre lebte er noch nachher5 ; er nahm an keiner Synode mehr teil und hielt sich von jeder Zusammenkunft der Bischöfe fern.
Bischof von Trier, nach der Absetzung des Ithacius [389] Führer der Ithacianer. ↩
Nach dem Itinerarium Antonini an der Straße von Reims nach Trier; nach den einen das heutige Echternach, nach den andern Nieder-Awen bei Luxemburg [Pauly s. v.]. ↩
Hier ist der Text verdorben, am besten scheint er in der Handschrift von Dublin zu sein: "silvarum secreta poenetrabantur'1. M. Haupt, Opuscula III [1876] 392 schlug vor: "s. s. panduntur". ↩
Vgl. Hörn. 2, 15. ↩
Demnach wäre Martin gestorben 401/2 [386 + 16]. Doch kann man annehmen, daß die Zahl nicht gut überliefert ist; statt XVI kann ursprünglich XIV dagestanden haben. So läßt sich das Todesjahr 400 damit in Einklang bringen, a. oben S. 12. ↩
