13. Deutung der Vision; Cyprians Fürsorge für die Armen während des Zwischenjahres.
Wo gäbe es etwas Offenkundigeres als diese Enthüllung, wo etwas Glückseligeres als eine solche Gnade? Im voraus wurde ihm schon all das S. 24 verkündigt, was später eingetroffen ist. Nichts wurde von den Worten Gottes weggenommen, nichts von der heiligen Verheißung blieb unerfüllt. Prüft nur die Einzelheiten nach, wie sie angekündigt wurden! Er bat um Aufschub bis zum nächsten Tag, als es sich um seine Verurteilung zum Leiden handelte, und wollte an dem gewonnenen „Tag“ seine Angelegenheiten ordnen. Dieser eine „Tag“ bedeutete das eine Jahr, das er nach der Erscheinung noch in dieser Welt verleben sollte. Denn, um mich deutlicher auszudrücken, nach Jahresfrist erlangte er die Märtyrerkrone genau am gleichen Tage, an dem ihm dies im Jahre zuvor kundgetan war. Unter einem Tag des Herrn aber haben wir bei Verheißungen, die sich auf die Zukunft beziehen, den Zeitraum eines Jahres zu verstehen, wenn wir auch diesen Sprachgebrauch nicht in den göttlichen Schriften vorfinden1. Es ist also auch nichts Besonderes, wenn in diesem Falle mit der Bezeichnung „Tag“ gerade nur ein Jahr gemeint ist; denn was größer ist, muß doch auch besser abgerundet sein. Wenn aber die Verkündigung nicht durch Worte, sondern vielmehr durch Gebärden erfolgte, so blieb eben die deutliche Sprache der Zeit vorbehalten, welche die Verwirklichung brachte; denn alles wird erst dann in Worte gefaßt, wenn es wirklich in Erfüllung geht. So hat ja auch niemand den Grund dieser Verkündigung richtig erkannt, bis er dann am gleichen Tage gekrönt wurde, an dem er diese Erscheinung gehabt hatte. Nichtsdestoweniger war in der Zwischenzeit jedermann dessen gewiß, daß ihm das Leiden bevorstehe, und doch schwiegen sie alle über den genauen Tag seines Leidens, da sie eben die Offenbarung nicht verstanden. Allerdings finde ich auch in der Schrift einen derartigen Fall. Denn als dem Priester Zacharias durch den Engel ein Sohn verheißen ward2, da wurde er stumm, weil er der Botschaft nicht glaubte; und so mußte er durch Gebärden eine Tafel verlangen, um den Namen für seinen Sohn S. 25 aufzuschreiben, statt ihn auszusprechen3. Mit Recht hat der göttliche Bote auch hier, als er dem Bischof das ihm bevorstehende Leiden nur durch Gebärden verkündete, zum Glauben ermuntert und den Priester gestärkt. Seine Bitte um Aufschub aber hatte darin seinen Grund, daß er seine Angelegenheiten ordnen und noch eine letztwillige Verfügung treffen wollte. Um welche anderen Angelegenheiten oder Verfügungen aber konnte es sich für ihn handeln als um die Ordnung der kirchlichen Verhältnisse? Ein letzter Aufschub wurde ihm bewilligt, damit alles geordnet werden konnte, was bezüglich der Fürsorge für die Armen durch eine letzte Bestimmung noch zu regeln war. Und ich glaube, dieselben, die ihn verbannt hatten und nachmals töten sollten, übten jetzt einzig und allein deshalb Nachsicht gegen ihn4, damit er persönlich noch den Armen hienieden in einer letzten Spende die reichsten oder, richtiger gesagt, seine gesamten Mittel zukommen lassen konnte. Nachdem er also mit solch frommer Liebe seine Angelegenheiten geordnet und in dieser Weise seinen letzten Willen verfügt hatte, rückte der „morgige“ Tag immer näher.
