15. Seine Verhaftung
Und solche Reden bildeten die tägliche Beschäftigung des Priesters, der zu einem Gott wohlgefälligen Opfer bestimmt war. Siehe, da überraschte ihn plötzlich auf Befehl des Prokonsuls dessen Polizeibeamter1 mit seinen Soldaten in seinen Gärten, in denselben Gärten2, sage ich, die er im Beginn seines S. 27 Glaubens verkauft, danach aber durch Gottes Gnade wieder zurückerhalten hatte. (Er hätte sie ja sicherlich abermals zugunsten der Armen veräußert, wenn er nicht die Mißgunst hätte vermeiden wollen, die ihn bei einer daraus entstehenden Verfolgung getroffen hätte.) Der Beamte überraschte ihn oder, richtiger gesagt, er glaubte nur, ihn überrascht zu haben. Denn wie könnte es gleichwie bei einem unerwarteten Überfall eine Überraschung geben für einen Geist, der stets bereit ist? So trat denn Cyprian hervor in der festen Überzeugung, daß das so lange Hinausgeschobene nunmehr in Erfüllung gehe; er trat hervor, hohen und aufrechten Sinnes, und zeigte Heiterkeit im Blick und Entschlossenheit im Herzen. Aber die Entscheidung wurde auf den folgenden Tag verschoben, und er kehrte gerade vom Prätorium in das Haus des Beamten zurück, als sich plötzlich wie ein Lauffeuer durch ganz Karthago das Gerücht verbreitete, eben sei Thascius3 vorgeführt worden, er, den nicht nur wegen seines großen Ruhmes und Ansehens, sondern auch wegen seines bekannten, herrlichen Werkes4 jedermann kannte. Von allen Seiten eilte man herbei, um das Schauspiel zu genießen, das für uns Frommgläubige so ruhmvoll war, den Heiden hingegen so bedauernswert erscheinen mußte. Er wurde für die eine Nacht im Hause des Beamten untergebracht, jedoch in so milder Haft gehalten, daß wir, seine Tischgenossen und Freunde, wie immer ihm Gesellschaft leisteten. Unterdessen hielt die ganze Menge, voll Besorgnis, es möchte sonst während der Nacht irgend etwas ohne ihr Wissen vorfallen, vor der Haustüre des Beamten Wache. So gönnte ihm jetzt, wie er es auch wirklich verdiente, die göttliche Güte die Ehre, daß das Volk Gottes auch während des Leidens seines Priesters wach blieb. Immerhin könnte vielleicht einer nach dem Grunde fragen, warum er vom Prätorium erst wieder zu dem Beamten zurückkehren mußte; und einige erklären sich das ja auch so, daß eben der S. 28 Prokonsul von sich aus keine Lust gehabt habe, eine Entscheidung zu treffen. Das sei aber ferne von mir, daß ich mich bei göttlichen Fügungen über die Bequemlichkeit oder die üble Laune eines Prokonsuls beklagte; es sei ferne von mir, daß ich etwa in die Gedanken eines frommen Sinnes das Übel sich einschleichen ließe, anzunehmen, daß das Machtwort eines Menschen über einen so hochseligen Märtyrer urteilen dürfte. Nein, der „morgige“ Tag, den ein Jahr zuvor Gott in seiner Gnade vorausgesagt hatte, mußte auch wirklich der morgige Tag sein5 .
Die Acta sprechen noch von einem zweiten (Unter-)Beamten, der ihn begleitete. ↩
Vgl. oben S. IX, Anm. 1. ↩
Vgl. Einleitung S. VIII. ↩
Diese Worte sind wohl auf die aufopfernde Tätigkeit Cyprians während der Pest zu beziehen. ↩
Der tatsächliche Grund dieses Aufschubs, die Krankheit des Prokonsuls, wird in den prokonsularischen Akten, Kap. 2, mitgeteilt. ↩
