14. Cyprian in Erwartung seines Schicksals.
Schon war aus der Hauptstadt (Rom) die Kunde gekommen von dem Martyrium des guten, friedfertigen und deshalb hochseligen Priesters Xistus1. Jeden Augenblick hoffte man auf das Erscheinen des Henkers, der gegen den ergebenen Nacken des hochheiligen Opfers den Todesstreich führen sollte, und so vergingen all diese Tage in beständiger Erwartung des Todes, so daß jedem einzelnen Tage die Märtyrerkrone zukam. Inzwischen fand sich eine ganze Reihe von S. 26 Besuchern ein, Leute von hohem, angesehenem Rang und Geschlecht, aber auch Männer aus dem heidnischen Adel, die ihm aus alter Freundschaft den dringenden Rat gaben, zu entweichen; und damit allein noch nicht zufrieden, boten sie ihm auch geeignete Zufluchtstätten an2. Da aber sein Sinn bereits dem Himmel zugewandt war, dachte er nicht mehr an die Welt und schenkte ihren verlockenden Vorschlägen kein Gehör. Vielleicht hätte er auch jetzt die Bitte erfüllt, die so viele, darunter auch Gläubige, an ihn richteten, wenn ihn auch ein Befehl Gottes dazu aufgefordert hätte. Aber auch die hohe Ruhmestat des großen Mannes darf nicht unerwähnt bleiben, daß er in einer Zeit, wo bereits die Welt in wilde Erregung geriet und im Vertrauen auf ihre Herrscher3 gegen den (christlichen) Namen Haß schnaubte, — daß er damals die Knechte Gottes bei jeder nur sich bietenden Gelegenheit durch die Mahnungen des Herrn unterwies und sie dazu ermunterte, im Hinblick auf die kommende Herrlichkeit alle Leiden dieser Zeit gering zu achten. Ja, seine Liebe zu frommen Reden war so groß, daß er sich wünschte, das ersehnte Martyrium möge ihm in der Weise zuteil werden, daß er mitten in seinen Worten den Tod erleide, während er von Gott spreche.
Vgl. Cyprians Brief 80, Kap. l, wo erzählt wird, daß Papst Xistus mit vier Diakonen am 6. August (258) den Märtyrertod erlitt. Seine Friedfertigkeit hatte er wahrscheinlich (im Gegensatz zu seinem Vorgänger Stephanus) besonders im Ketzertaufstreit bewiesen. ↩
Offenbar hätte man Cyprian gern vor den Folgen des kaiserlichen Edikts bewahrt, und auch der Prokonsul hätte dem Bischof vielleicht die Flucht nicht unmöglich gemacht. Im 81. Brief erzählt übrigens Cyprian selbst, daß er „auf den Rat seiner Teuersten“ allerdings nur für einige Tage Karthago verließ, um nicht nach Utika gebracht und fern von seinem Bischofssitz abgeurteilt zu werden. ↩
Gemeint sind die beiden Kaiser Valerianus und Gallienus. ↩
