4.
So bin ich nun hindurchgewandert durch das herrliche Wiesengelände der Schriften. Dies alles wollte ich zusammentragen, um Dir aus den schönsten Blumen einen Bußkranz zu flechten, den Du auf Dein Haupt setzen mögest. Dann nimm Dir die Flügel der Taube, hebe Dich in die Höhe, ruhe aus 1 und versöhne Dich mit dem mildesten aller Väter! Sie, die einst Deine Gattin war und jetzt Deine Schwester und Mitdienerin ist, hat mir berichtet, daß Ihr gemäß der Vorschrift des Apostels in gegenseitigem Einverständnis Euch des ehelichen Verkehrs enthalten habt, um Euch dem Gebete zu widmen. 2 Dann aber schwankten Deine Schritte, gleichsam als ob Du auf hoher See einherwandeltest, oder, um offener zu sprechen, Du kamst zu Fall, Zu ihr aber sprach der Herr wie einst zu Moses: „Du aber stelle dich her zu mir!“ 3 Da sagte sie vom Herrn: „Er hat meine Füße auf einen Fels gestellt.“ 4 Dein Haus aber ist, weil es keinen festen Grund hatte, bei diesem vom Teufel erregten Wirbelwind zusammengestürzt. 5 Ihr Haus aber steht fest im Herrn. Keineswegs verweigert sie Dir die Einkehr in dasselbe, damit Du mit ihr Dich im Geiste verbinden mögest, nachdem Du früher körperlich mit ihr vereint warst. Denn wer dem Herrn anhängt, ist ein Geist mit ihm. 6 Als Euch nun die Einfälle der Barbaren und die drohende Gefangenschaft auseinanderrissen, 7 da hast Du ihr unter einem Eide versprochen, bevor sie nach den heiligen Stätten wallte, ihr alsbald oder später nachzufolgen, um Deine Seele zu retten, die infolge Deiner Unachtsamkeit verloren zu S. 362 sein schien. Erfülle nun, was Du im Angesichte des Herrn gelobt hast! Unsicher ist das Leben der Sterblichen. Du könntest hinweggerafft werden, ehe Du Dein Gelübde erfüllt hast. Folge dem Beispiel derjenigen, der Du eigentlich hättest Lehrmeister sein müssen. 8 Welche Schande! Das schwache Geschlecht besiegt die Welt, und das starke wird von ihr überwunden. Das Weib ist also die Führerin zu dieser mutigen Tat, 9 und Du, der Anfänger im Glauben, solltest ihr, die ihr Heil sichergestellt hat, nicht folgen? Sollten Dich die Trümmer Deines Vermögens zurückhalten? Willst Du den Tod Deiner Freunde und Mitbürger, den Untergang der Städte und Landgüter mit ansehen? Dann halte wenigstens im Unglück der Gefangenschaft, umringt von feindlichen Gesichtern, und im furchtbaren Zusammenbruch Deiner Heimatprovinz das Brett der Buße fest! Denke an Deine Mitdienerin, welche täglich um Deine Rettung seufzt und keineswegs die Hoffnung drangibt. Du irrst in Deiner Heimat umher, ja von Heimat kann man gar nicht reden; denn sie ist Dir verlorengegangen. Sie aber gedenkt Deiner an den ehrwürdigen Stätten der Auferstehung, der Kreuzigung und der Geburt unseres Herrn und Erlösers, wo er als kleines Kind weinte. Sie zieht Dich gleichsam durch ihre Gebete herbei, damit Du, wenn nicht durch Dein Verdienst, dann wenigstens durch ihren Glauben gerettet werdest. Einst lag der Gichtbrüchige in seinem Bette. Seine Gelenke waren dermaßen verrenkt, daß er die Füße nicht zum Schreiten und die Hände nicht zum Beten bewegen konnte. Schließlich tragen ihn andere herbei, und er erhält die frühere Gesundheit wieder, so daß er sein Bett tragen konnte, nachdem er lange vom Bett getragen worden war. 10 So bringt auch Dich Deine Frau, den sie, obwohl abwesend, mit den Augen des Glaubens gegenwärtig sieht, vor den Herrn und Erlöser und spricht mit der Kanaaniterin: „Meine Tochter wird arg S. 363 vom Teufel geplagt.“ 11 Mit Recht nenne ich Deine Seele die Tochter ihrer Seele, die keine Verschiedenheit des Geschlechtes kennt, weil sie Dich wie einen kleinen Säugling, der noch nicht feste Speise genießen kann, zu der Milch der Kindheit einlädt 12 und Dir Ammennahrung reicht, damit Du mit dem Propheten sprechen kannst: „Einem verlorenen Schafe gleich bin ich umhergeirrt. Suche auf Deinen Knecht; denn Deine Gebote habe ich nicht vergessen.“ 13
