2.
Fragst Du mich: „Wozu diese Rückerinnerung?“, dann will ich Dich mit des Apostels Worten bescheiden: „Sie ist in jeder Hinsicht überaus nützlich.“ 1 Zuerst müssen sich alle darüber freuen, daß Lea nach Überwindung des Teufels die sichere Krone erlangt hat. Dann will ich in kurzen Worten einen Überblick über ihr Leben geben. Zuletzt will ich diejenigen, welche sich gegen den Geist der neuen Zeit auflehnen, 2 darüber belehren, daß der designierte Konsul im Schoße der Hölle begraben liegt. 3 Wer könnte den Lebenswandel unserer Lea in würdiger Weise verherrlichen? Ihre Hingabe an den Herrn war so vollkommen, daß sie Vorsteherin eines Klosters und Mutter der Jungfrauen wurde. Früher an weichliche Kleidung gewöhnt, hat sie später ihre Glieder im rauhen Büßerhemd kasteit. Ganze Nächte brachte sie im Gebete zu. Ihre Mitschwestern unterwies sie weniger durch Worte als durch ihr gutes Beispiel. Sie, die einstige Herrin über viele, offenbarte solch tiefe Demut, daß man sie für eines Menschen Magd hätte halten mögen. Je weniger man in ihr die Herrin über Menschen vermutete, desto mehr wurde sie zur wahren S. b10 Dienerin Christi. Schlicht war ihre Kleidung, einfach ihr Tisch, unauffällig ihre Haartracht. Doch richtete sie es in allem so ein, daß sie keinerlei Aufmerksamkeit auf sich lenkte, um nicht schon in dieser Welt ihren Lohn zu erhalten. 4
Röm. 3, 2. ↩
Die „suis saeculis detrahentes“ sind die Heiden, welche den zunehmenden Einfluß des Christentums mit Mißbehagen wahrnahmen. ↩
Es ist auffallend, wie scharf Hieronymus hier, genau wie in seiner Streitschrift gegen Johannes von Jerusalem, mit Praetextatus zu Gericht geht, während er über den heidnischen Oberpriester Albinus äußerst milde urteilt (ep. 107, 1 f. ad Laetam, vgl. BKV II. Reihe XVI 385). Offenbar konnte sich Hieronymus mit des Praetextatus äußerlicher Einstellung zum Christentum nicht zurechtfinden, gab doch der Stadtpräfekt dem Papste Damasus, der ihn für den Glauben gewinnen wollte, lächelnd die Antwort: „Mache mich zum Bischofe Roms, und sofort will ich Christ werden.“ (Vgl. c. Joh. 8 M PL XXIII 377). Als Anwalt des Heidentums hatte er noch kurz vor seinem Tode, also unmittelbar vor Abfassung des vorliegenden Briefes, vom Kaiser Valentinian ein Dekret erwirkt, das die Beraubung heidnischer Tempel verbot (Gr. I 276). ↩
Matth. 6, 2. ↩
