Zweiter Artikel. Gegenstand des Glaubens sind gewisse aus Subiekt und Prädikat zusammengesetzte Sätze.
a) Dies scheint nicht. Denn: I. Die erste Wahrheit, der Gegenstand des Glaubens, ist etwas Unzusammengesetztes. Also. II. Die Darlegung des Glaubens ist im Symbolum enthalten. Da sind aber die Glaubensgegenstände nicht in der Weise von Sätzen niedergelegt, sondern wie Thatsachen. Es wird z. B. nicht gesagt: Gott ist allmächtig; sondern: Ich glaube an Gott den Allmächtigen. Das sind aber nur einfach Ausdrücke und nicht formulierte Sätze. Also. III. Dem Glauben entspricht das Schauen, nach 1. Kor. 13.: „Wir sehen jetzt im Rätsel wie durch den Spiegel, dann aber von Angesicht zu Angesicht; jetzt erkenne ich teilweise, dann aber werde ich erkennen wie ich erkannt bin.“ Das Schauen nun hat zum Gegenstande etwas durchaus Einfaches, die göttliche Wesenheit; also auch der Glaube auf dem Pilgerwege. Auf der anderen Seite liegt der Glaube in der Mitte zwischenWissen und Meinen. Was aber in der Mitte liegt gehört derselben Art an wie die beiden äußersten Punkte. Da also Wissen und Meinen sich in Sätzen ausdrücken, so ist dies auch beim Glauben der Fall. Und so ist der Gegenstand des Glaubens etwas Zusammengesetztes; er ist nämlich ausgedrückt in einem aus Subjekt und Prädikat zusammengesetzten Satze.
b) Ich antworte, das Erkannte sei im Erkennenden nach Weise des Erkennenden. Die Weise der menschlichen Vernunft aber in der Erkenntnis ist die, daß sie zusammensetzt und trennt und daß sie so die Wahrheit erkennt; wie I. Kap. 85, Art. 5 zu sehen. Was also an und für sich einfach ist, das erkennt die menschliche Vernunft nur, indem sie in gewisser Weise zusammensetzt; wie die göttliche Vernunft umgekehrt in einfacher Weise erkennt, was an sich zusammengesetzt ist. Wird also der Gegenstand des Glaubens von der Sache aus betrachtet, die man glaubt, so ist er etwas durchaus Einfaches; wird er vom Glaubenden aus betrachtet, so ist er ein aus Subjekt und Prädikat zusammengesetzter Satz.
c) I. Dieser Einwurf geht von der Sache aus, die geglaubt wird. II. Was im Symbolum enthalten ist, das steht da ausgedrückt wie der Abschluß des Glaubensaktes. Der Glaubensakt wird aber abgeschlossen durch die Sache, die geglaubt wird; nicht durch einen Satz. Denn wir bilden nur Sätze zu dem Zwecke, um vermittelst derselben Kenntnis zu haben von den betreffenden Sachen; und wie dies in der Wissenschaft ist, so auch im Glauben. III. Das Schauen in der Heimat vollzieht sich nicht vermittelst eines Satzes, sondern geht auf das Geschaute wie dieses thatsächlich ist; nach 1. Joh. 3.: „Wir wissen, wenn Er erscheinen wird, werden wir Ihm ähnlich sein; denn wir werden Ihn schauen, wie Er ist.“ Das ist aber nicht beim Glauben der Fall.
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