Dritter Artikel. Wer ein Gelübde gemacht hat, in einen Orden zu treten, ist verpflichtet zu solchem Eintritte.
a) Dies scheint nicht. Denn: I. Decret. 17 Qq. 2. cap. 1. heißt es: „Der Priester Gonsalvus hat in schwerer Krankheit versprochen, Mönch zu werden; hat sich aber keinem Kloster und keinem Abte übergeben, auch sein Versprechen nicht schriftlich niedergelegt, sondern auf sein kirchliches Benefizium vermittelst des Sachwalters verzichtet. Nachdem er nun genesen, will er nicht mehr Mönch werden… Wir urteilen und kraft Apostolischer Autorität schreiben wir vor, besagter Priester solle sein Benefizium zurückerhalten und ruhig dabei bleiben.“ Also war der betreffende trotz des Gelübdes nicht zum Eintritte verpflichtet. II. Niemand ist gehalten zu thun, was nicht in seiner Macht steht. Zum Eintritte in einen Orden aber ist auch die Einwilligung der Ordensoberen nötig, die ihn aufnehmen sollen; und diese ist nicht in der Macht des gelobenden. Also ist der Eintritt nicht verpflichtend. III. Das weniger nützliche Gelübde kann nicht einem mehr nützlichen vorgreifen. Durch den Eintritt in den Orden aber könnte gehindert werden die Erfüllung des Gelübdes, das Kreuz zu nehmen für das heilige Land. Dieses letztere aber ist nützlicher; denn dadurch erreicht jemand die Verzeihung aller seiner Sünden. Also ist das Gelübde in den Ordensstand zu treten nicht mit Notwendigkeit zu erfüllen. Auf der anderen Seite heißt es Ekkle. 5.: „Hast du Gott etwas gelobt, so zögere nicht, es zu thun; denn es mißfällt Ihm ein thörichtes und treuloses Versprechen.“ Und zu Ps. 75, 12. sagt die Glosse: „Geloben etwas wird dem Willen nur geraten; ist es gelobt, so besteht bereits eine Verpflichtung, es zu erfüllen.“
b) Ich antworte, das Gelübde sei ein Gott gemachtes Versprechen. „Wenn aber,“ sagt Gregor (ad Bonifacium), „schon unter Menschen guten Glaubens abgeschlossene Kontrakte in keiner Weise gebrochen zu werden pflegen; um wie viel weniger kann dieses Versprechen, das du Gott gegeben, ohne Strafe gelöst werden!“ Also bleibt nur übrig, daß, wer sich zum Eintritte in einen Orden durch Gelübde verpflichtet, so einzutreten hat, wie er gemeint hat, sich zu verpflichten. Hat er sich schlechthin verpflichtet, so ist er gehalten, einzutreten so schnell er kann, sobald nämlich das rechtmäßige Hindernis wegfällt. Hat er sich bis zu einer gewissen Zeit oder unter Bedingung verpflichtet, so ist er demgemäß zum Eintritte gehalten.
c) I. Jener Priester hatte kein feierliches, sondern nur ein einfaches Gelübde gemacht. Also war er nicht Mönch geworden, daß er von Rechts wegen einem Kloster hätte übergeben werden müssen. Vor seinem Gewissen jedoch hätte er auf den Rat hören müssen, in einen Orden einzutreten. Deshalb wird Extr. de voto cap. Per tuas was dem Bischof von Gratianopolis geraten, das Gelübde, in einen Orden einzutreten, welches er gemacht, zu halten und nicht wieder die bischöfliche Verwaltung an sich zu nehmen; „er solle, wenn er sein Gewissen heilen wolle, auf die Verwaltung seines Bistums verzichten und dem Höchsten gegenüber sein Versprechen erfüllen.“ II. Wer das Gelübde gemacht, in einen Orden einzutreten, muß sein Möglichstes thun, um die Aufnahme zu erlangen; und hat er somit keinen bestimmten Orden in seinem Gelübde eingeschlossen, so muß er, wird er von dem einen zurückgewiesen, bei einem anderen um Aufnahme nachsuchen. III. Da das Gelübde, in einen Orden zu treten, das ganze Leben einschließt, so ist es größer wie das, in das heilige Land zu pilgern; und, wie Alexander III. sagt, „schuldig, sein Gelübde gebrochen zu haben, ist jener nicht, der anerkanntermaßen die Verpflichtung für eine gewisse Zeit in eine Verpflichtung für das ganze Leben eintauscht.“ Vernünftigerweise aber kann gesagt werden, daß jemand durch den Eintritt in einen Orden ebenfalls die Verzeihung all seiner Sünden erlangt. Denn wenn schon „durch Almosen der Mensch für seine Sünden genugthun kann“ (Dan. 4, 24.), so genügt es offenbar zur Genugthuung für alle Sünden, daß jemand sich ganz undgar dem göttlichen Dienste widmet durch den Eintritt in den Ordensstand, der aller Art Genugthuung, auch der öffentlichen Buße, voransteht, nach Decret. 33 Qq. 1. cap. Admonere; wie das Opfer des Ganzen überwiegt das Opfer eines Teiles. Deshalb wird iu vitis Patr. lib. 6, libello 1, num. 9. gelesen, die in einen Orden treten, erhalten die nämliche Gnade wie die neugetauften. Würden sie aber auch nicht von jeder Strafe, die sie verdient, befreit, so ist doch der Eintritt in einen Orden nützlicher wie das Pilgern in das heilige Land; denn er leitet mehr zum Guten an, weil höher steht das Verdienst wie die Befreiung von Strafe.
