Neunter Artikel. Man darf andere dazu anleiten, in den Ordensstand zu treten.
a) Das scheint nicht. Denn: I. Der heilige Benedikt sagt in seiner Regel (c. 58.): „Denen, die sich melden, soll man nicht leicht Zutritt gewähren; sondern prüfen, ob ihr Vornehmen vom heiligen Geiste eingegeben ist;“ vgl. Cassian. de instit. 3. Also noch weniger muß man sie dazu anleiten, in den Orden zu treten. II. Matth. 23. heißt es: „Wehe euch, die ihr Länder und Meere durchstreifet, damit ihr einen Proselyten gewinnet; und habt ihr einen, so macht ihr ihn zum Kinde der Hölle.“ Das aber scheinen jene zu thun, die nach Novizen angeln. III. Man muß niemanden dazu anleiten, daß er Schaden leide. Manchmal aber führt man zu einem Orden jemanden, welcher verpflichtet ist, in einen strengeren einzutreten, und thut ihm dadurch Schaden. Auf der anderen Seite heißt es Exod. 26, 5.: „Ein Vorhang sei mit dem anderen verschlungen.“ Der eine Mensch soll also den anderen zum Dienste Gottes hinziehen.
b) Ich antworte, die da andere zum Eintreten in einen Orden anleiten, sündigen nicht nur keineswegs, sondern verdienen hohes Lob. Denn „wer einen Sünder bekehrt vom Irrtume seines Weges, wird seine eigene Seele vom Tode erretten und die Menge seiner Sünden bedecken,“ sagt Jakobus (ult. 20.); und Daniel (12, 3.): „Die zur Gerechtigkeit viele erziehen, werden leuchten wie die Sterne in die Ewigkeit der Ewigkeiten.“ Eine dreifache Unordnung jedoch kann hier vorkommen: 1. wenn jemand dem anderen Gewalt anthut, daß er in den Orden trete; was verboten wird Decret. 20 Qq. 3. cap. Praesens; — 2. wenn jemand simonistisch vorgeht, indem er Geld giebt; was verboten wird l. c. cap. Quam pios;— 3. wenn man mit Lügen dazu anregt, in einen Orden einzutreten; denn so entsteht die Gefahr, daß der so betrogene, wenn er sich später getäuscht sieht, den Orden verläßt; und so „seine letzten Dinge ärger werden wie die ersten.“ (Luk. 11.)
c) I. In allen Fällen bleibt für solche, die man angeleitet hat, das Probejahr, wo sie die Schwierigkeiten des Ordenslebens durchmachen. II. Nach Hilarius (can. 24. in Matth.) sagte Christus mit diesen Worten das verkehrte Bemühen der Pharisäer vorher, nach der Verkündigung des Evangeliums unter den Heiden, diese sowie auch die Christen zum jüdischen Ritus zu ziehen; und so würden in solchen Personen die früheren im Iudentume oder sonst begangenen Sünden bleiben und noch dazu würden sie von neuem gegen den Glauben sündigen, also in doppelter Weise Kinder der Hölle sein. Nach Hieronymus gehen diese Worte auf jenen Zustand im Christentume, wo es den bekehrten Juden noch erlaubt war, die Vorschriften des Alten Gesetzes zu beobachten. Danach „würde jemand, der diese Vorschriften als verbindlich erachtet hätte, einfach geirrt haben; wenn er aber die Laster seiner Lehrer gesehen, würde er wieder zum Heidentume zurückgekehrt und so doppelter Strafe wert geworden sein.“ Danach würde es nicht Sünde sein, jemanden zum Dienste Gottes anzuleiten; aber das schlechte Beispiel, das er dann dem so angelockten giebt, würde Sünde sein, denn es würde den anderen schlechter machen. III. Wer durch Gelübde an den Eintritt in einen strengeren Orden gebunden ist, darf nicht angeleitet werden, in einen minder strengeren einzutreten; wohl aber umgekehrt. Im ersten Falle müßte, damit dies erlaubt sei, die Dispens des Oberen oder ein Notfall hinzutreten.
