Verschiedene andere Vorschriften
Niemals werde den Schwestern zur Fertigung ihrer Arbeiten eine bestimmte Zeit festgesetzt! Aber eine jede trachte so zu arbeiten, daß (durch ihr Verdienst) die anderen zu essen haben, und man beachte wohl, was die Regel befiehlt, daß »wer essen will, auch arbeiten müsse«, wie der heilige Paulus getan! Will indessen eine Schwester bisweilen aus eigenem Antriebe für jeden Tag ein bestimmtes Maß von Arbeit übernehmen, so mag sie es tun können! Es werde ihr aber, wenn sie damit nicht fertig wird, keine Buße dafür auferlegt!
Täglich nach dem Abendessen oder der Kollation, während die Schwestern noch (im Refektorium) versammelt sind, gebe die Windnerin das Almosen an, das untertags gespendet wurde! Sie nenne die Wohltäter, damit die Schwestern es sich angelegen seinlassen, diese Gott zu empfehlen!
Bezüglich der Essensstunde können wir nichts Bestimmtes festsetzen; denn es kommt darauf an, was der Herr uns schickt. Ist etwas zu essen vorhanden, dann sei die Mittagsmahlzeit im Winter um halb 12 Uhr an den Kirchenfasttagen, um 11 Uhr an den Ordensfasttagen! Im Sommer aber werde um 10 Uhr zu Tische geläutet! Gibt der Herr einer Schwester in den Sinn, eine Abtötung vorzunehmen, so bitte sie um die Erlaubnis dazu, bevor man sich zu Tische niedersetzt! Diese heilsame Übung der Frömmigkeit lasse man nicht abkommen, da man mannigfachen Nutzen daraus zieht! Jedoch währe sie nur kurze Zeit, damit die Lesung nicht behindert werde! Außer dem Mittags und Abendtische darf keine Schwester ohne Erlaubnis etwas essen oder trinken.
Sind die Schwestern vom Mittagstische aufgestanden, so kann die Mutter Priorin erlauben, daß alle gemeinsam sich über das unterhalten, was ihnen am meisten zusagt, wenn es nur nicht die Grenzen überschreitet, die eine gute Ordensperson einhalten muß. Dabei sollen alle ihre Spinnrocken oder (sonstige) Arbeiten zur Hand haben; Spiel aber werde in keiner Weise zugelassen, da der Herr (gewiß) einigen die Gabe verleihen wird, die anderen zu erheitern! Wenn sie in solcher Weise sich versammeln, wird die ganze Zeit (der Erholung) gut zugebracht werden. Sie sollen sich auch hüten, einander lästig zu fallen, weshalb ihre Reden und Scherze bescheiden seien. Ist die Stunde der gemeinsamen Erholung vorüber, so dürfen die Schwestern im Sommer eine Stunde lang schlafen; wer nicht schlafen will, soll das Stillschweigen halten.
Nach dem Completorium und der Betrachtung kann, wie oben angegeben wurde, die Mutter Priorin im Winter wie im Sommer den Schwestern (abermals) erlauben, sich gemeinsam zu unterhalten, wobei sie wieder ihre Arbeiten zur Hand haben sollen. Die Dauer dieser Erholung ist dem Gutbefinden der Mutter Priorin überlassen.
Keine der Schwestern darf eine andere umarmen noch sie im Gesichte oder bei den Händen berühren, und es bestehe keine Sonderfreundschaft unter ihnen! Alle sollen insgemein einander lieben, wie Christus seinen Aposteln so oft befohlen. Diese Vorschrift wird leicht zu halten sein, da ihrer so wenige sind; die Schwestern mögen nur ihren Bräutigam nachzuahmen trachten, der sein Leben für uns hingegeben hat. An einer solch allgemeinen Liebe aller zueinander ist viel gelegen. Keine Schwester verweise einer anderen die Fehler, die sie an ihr wahrnimmt! Sind es beträchtliche Fehler, so mache sie die Betreffende im geheimen darauf aufmerksam, und erst dann, wenn sich diese auf die dritte Zurechtweisung hin nicht bessert, erstatte sie der Mutter Priorin Anzeige davon! Einer anderen Schwester aber sage sie nichts! Es werden auch Zelatorinnen aufgestellt, die auf die vorkommenden Fehler achtgeben; die übrigen Schwestern sollen sich nicht darum kümmern und, wenn sie solche wahrnehmen, darüber hinweggehen und nur auf ihre eigenen Fehler merken. Ebensowenig sollen sich die Schwestern einmischen, wenn andere in ihren Ämtern Fehler machen; handelt es sich um Wichtiges, dann sind sie, wie schon erwähnt, verpflichtet, darauf aufmerksam zu machen. Die Schwestern mögen sich sorgfältig hüten, sich zu entschuldigen, es sei denn in Fällen, in denen es notwendig wäre; dadurch werden sie viel gewinnen.
Die Zelatorinnen seien eifrig darauf bedacht, die vorkommenden Fehler zu beachten und diese bisweilen auch auf Geheiß der Priorin zu rügen, selbst wenn es sich um Schwestern handeln würde, die älter sind als sie! Dadurch soll man in der Demut geübt werden. Aus eben diesem Grunde dürfen auch die so Zurechtgewiesenen nichts erwidern, selbst wenn sie schuldlos wären. Keine Schwester darf etwas hergeben oder von irgend jemand, und sei es auch von ihren Eltern, annehmen oder begehren ohne Erlaubnis der Priorin, der alles vorgezeigt werde, was man den einzelnen als Almosen bringt. Weder die Priorin noch eine der anderen Schwestern werde jemals mit dem Titel »Frau« angesprochen!
Da fast alles unserer Regel gemäß geordnet ist, so sollen zur Bestrafung der Übertretungen und Fehler, die gegen das bisher Gesagte begangen werden, jene Bußen dienen, die am Ende dieser Satzungen für größere oder geringere Schuld verzeichnet werden. In all den obenerwähnten Fällen wird die Mutter Priorin der Billigkeit gemäß mit Klugheit und Liebe dispensieren können, und sie verpflichte zu dessen Beobachtung nicht unter Sünde, sondern unter körperlicher Strafe.
Mit Ausnahme der Kirche darf niemals ein Kloster prunkvoll erbaut werden, noch darf es etwas Prunkvolles zur Schau tragen. Das Holzgerät sei schlicht, das Haus klein, die Zimmer seien niedrig! Es soll ein Haus sein, das dem Bedürfnisse der Schwestern entspricht, nicht aber dem Überflusse dient. Es werde so fest als möglich gebaut und mit einer hohen Mauer umgeben! Auch fehle es nicht an einem freien Raum, um Einsiedeleien zu errichten, wohin sich die Schwestern nach dem Beispiele unserer heiligen Väter zum Gebete zurückziehen können!
