Von der schwersten Schuld
Als schwerste Schuld ist die Unverbesserlichkeit jener anzusehen, die
ohne Scheu die Fehler begeht und sich der Buße weigert.
Wenn eine sich der Apostasie schuldig macht oder die Grenzen des Konventes überschreiten würde, so verfalle sie der Strafe der Exkommunikation.
Schwerste Schuld ist es auch, wenn eine ungehorsam ist und mit offener Auflehnung einem Befehle des Prälaten oder Oberen, der ihr im besonderen oder allen gemeinsam erteilt wird, nicht Gehorsam leistet.
Wenn eine — was Gott, die Stärke derer, die auf ihn hoffen, nicht zulassen möge — in die Sünde der Sinnlichkeit fällt und des Fehlers überführt als sehr verdächtig angesehen wird.
Wenn eine etwas als Eigentum besitzt oder zu besitzen bekennt. Wird diese Schuld an einer bei ihrem Tode befunden, so sei sie des kirchlichen Begräbnisses beraubt.
Wenn eine an die Mutter Priorin oder an eine andere Schwester gewaltsam Hand anlegt oder wenn sie in irgendeiner Weise ein Vergehen einer Schwester oder des Konventes auswärtigen oder weltlichen Personen entdeckt, so daß der Schwester oder dem Konvent eine Unehre daraus erwachsen kann, oder wenn sie andere geheime Vorkommnisse des Konventes solchen Personen mitteilt.
Wenn eine für sich oder für andere Würden oder Ämter oder etwas anstrebt, was gegen die Satzungen des Ordens ist.
Die Schwestern, die sich solcher Vergehen schuldig machen, sollen mit Gefängnis, verbunden mit Fasten und Abstinenz mehr oder weniger, je nach der Größe und Beschaffenheit des Vergehens und nach dem klugen Ermessen der Mutter Priorin oder des Provinzials oder Visitators, bestraft werden. Die anderen Schwestern seien gehalten, jede dieser Schuldigen, sobald es die Mutter Priorin befiehlt, in die Kerkerzelle abzuführen, widrigenfalls sie sich die auf Empörung gesetzte Strafe zuziehen würden. Es darf auch bei Vermeidung der nämlichen Strafe — jene ausgenommen, die die Eingekerkerte bewachen — keine mit dieser reden noch ihr etwas schicken. Würde die eingekerkerte Schwester entweichen, so soll die wachhabende Schwester oder jene, durch deren Versehen sie entwichen ist, in dieselbe Kerkerzelle gesperrt werden und darin Buße tun, aber erst, wenn sie der Schuld überführt ist, je nach der Beschaffenheit der Vergehen, deren sich die Entwichene schuldig gemacht hatte.
Es sei eine bestimmte Kerkerzelle vorhanden, in der die hier genannten Schwestern zu büßen haben, und aus der sie solcher ärgerniserregender Vergehen wegen nicht anders befreit werden dürfen als durch den Provinzial oder Visitator.
Die Abtrünnige sowie auch jene, die in eine fleischliche Sünde fällt, sollen mit beständigem Kerker bestraft werden; auch jene, die eine Sünde begeht, die in der Welt die Todesstrafe verdient, und endlich jene, die aus Mangel an Demut ihre Schuld nicht erkennen wollen, sollen in das Gefängnis gesperrt und daraus nicht befreit werden, bis sie nach bewährter Besserung und Geduld auf den Rat aller hin, die für sie bitten, mit Zustimmung der Mutter Priorin und mit Erlaubnis des Visitators Befreiung verdienen.
Jede, die sich in besagter Kerkerzelle befindet, soll wissen, daß sie die aktive und passive Stimme und den Sitz verloren habe sowie jeder rechtsgültigen Handlung und jedes Amtes beraubt sei. Wird sie aber auch aus der Kerkerzelle entlassen, so sei sie darum doch noch nicht in die genannten Rechte wiedereingesetzt, wenn ihr diese Gnade nicht ausdrücklich gewährt wird. Und wenn ihr auch wieder der Sitz eingeräumt wird, so ist ihr damit doch nicht zugleich die Stimme im Kapitel, und wenn auch die aktive, doch nicht wieder die passive Stimme zurückgegeben, sofern ihr dies, wie schon erwähnt, nicht ausdrücklich zugestanden wird. Es kann aber einer Schwester, die der angeführten Vergehen sich schuldig gemacht, die Strafe nicht insoweit nachgelassen werden, daß sie zu irgendeinem Amte wählbar wäre, oder daß sie Begleiterin der Schwestern an der Winde oder an einem anderen Ort sein dürfte.
Ist eine in die Sünde der Sinnlichkeit gefallen, so darf sie, auch wenn sie in Reue über sich selbst freiwillig zurückkehrt und um Barmherzigkeit und Gnade bittet, dennoch in keiner Weise wiederaufgenommen werden, außer mit Erlaubnis und auf den Rat des Provinzials, oder wenn sonst ein vernünftiger Grund dazukäme.
Wer vor der Priorin überführt wird, daß sie falsches Zeugnis abgelegt habe oder gewohnheitsmäßig andere verleumde, soll folgende Buße verrichten: Zur Stunde des Mittagessens sitze sie ohne Schleier, mit einem Skapulier bekleidet, auf das vorne und auf der Rückseite zwei Zungen von weißem und rotem Tuche verschiedenartig genäht sind, in der Mitte des Refektoriums auf dem Boden und genieße nur Wasser und Brot zum Zeichen, daß sie für die großen Zungenfehler diese Strafe erleide! Darauf werde sie in die Gefängniszelle abgeführt, und wenn sie nach einiger Zeit wieder daraus befreit wird, so habe sie weder Stimme noch Sitz!
Wenn, was Gott verhüten wolle, die Priorin in einen der erwähnten Fehler fallen würde, soll sofort ihre Absetzung erfolgen, damit sie auf das schärfste bestraft werde.
In jedem Konvente befinde sich ein Exemplar dieser Satzungen im Kasten der drei Schlüssel! Außerdem sollen mehrere Exemplare vorhanden sein, damit sie einmal in der Woche allen versammelten Schwestern zu einer von der Mutter Priorin bestimmten Zeit vorgelesen werden. Jede Schwester soll sie fest im Gedächtnis bewahren; dies möge besonders von den (in der Tugend) geförderten Schwestern mit der Gnade des Herrn beobachtet werden. Sie sollen diese Satzungen auch manchmal selbst sorgfältig lesen, weshalb mehrere Exemplare davon im Konvente vorhanden seien, damit jede nach Belieben ein Exemplar in die Zelle mitnehmen kann.
Das Almosen, das der Herr in Geld schickt, wird immer sogleich in den mit drei Schlüsseln versperrbaren Kasten gelegt, außer es wäre weniger als neun oder zehn Dukaten; in diesem Fall kann es der von der Priorin bezeichneten Klavarin übergeben werden. Diese aber händige der Prokuratorin nach Angabe der Priorin jenen Betrag aus, der zu verausgaben ist! Die Prokuratorin lege aber jeden Abend, bevor zum Stillschweigen ausgeläutet wird, der Priorin oder der genannten Klavarin Rechenschaft über die einzelnen Ausgaben ab! Die ausgefertigte Rechnung werde sodann im ganzen in das zu diesem Zwecke vorhandene Buch eingetragen, um es alljährlich dem Visitator der Rechenschaft wegen vorzulegen!
