Von der mittleren Schuld
Eine mittlere Schuld begeht eine Schwester, die sich noch nicht im Chor eingefunden hat, nachdem der erste Psalm beendet ist. Jene, die zu spät kommen, müssen sich so lange prosternieren, bis die Mutter Priorin ihnen befiehlt, aufzustehen.
Wenn eine sich die Freiheit nimmt, auf eine andere Weise zu singen und zu lesen, als es Gewohnheit ist.
Wenn eine ohne Aufmerksamkeit auf das göttliche Offizium ihre Augen umherschweifen läßt und so die Leichtfertigkeit ihres Geistes bekundet.
Wenn eine mit den Altargeräten unehrerbietig umgeht.
Wenn eine nicht zum Kapitel oder zur Arbeit oder zur Predigt kommt oder von der gemeinsamen Mahlzeit wegbleibt.
Wenn eine das, was allen insgemein aufgetragen wurde, wissentlich zu tun unterläßt.
Wenn sich eine in Erfüllung des ihr zugeteilten Amtes nachlässig erweist.
Wenn eine im Kapitel ohne Erlaubnis redet.
Wenn eine, die angeklagt wird, lauten Widerspruch dagegen erhebt.
Wenn eine sich erlaubt, eine andere aus Rache eines Fehlers zu beschuldigen, dessen sie selbst am nämlichen Tage (von ihr) angeklagt wurde.
Wenn eine im Benehmen oder in der Kleidung sich unordentlich zeigt.
Wenn eine eidliche Beteuerungen oder ungeziemende Worte vorbringt oder, was noch schlimmer ist, dies gewohnheitsmäßig tut.
Wenn eine streitet oder etwas sagt, wodurch die Schwestern beleidigt werden können.
Wenn eine jener, von der sie beleidigt worden ist, die Verzeihung verweigert, nachdem sie von ihr darum ersucht wurde.
Wenn eine ohne Erlaubnis in die Offizinen des Klosters geht.
Für diese und ähnliche Pflichtverletzungen werde im Kapitel von der Präsidentin oder von der damit beauftragten Schwester eine Disziplin als Strafe erteilt! Jene aber, die die Schuldige angeklagt hat, darf diese Strafe nicht vollziehen noch auch eine noch junge Schwester an den älteren.
