Von der schwereren Schuld
Eine schwerere Schuld begeht eine Schwester, wenn sie es wagt, mit der Mutter Priorin oder der Präsidentin frech zu streiten oder diesen eine grobe Rede zu geben.
Wenn eine Schwester eine andere boshafterweise schlägt. Eine solche fällt durch die Tat selbst in die Strafe der Exkommunikation und muß von allen gemieden werden.
Wenn eine Schwester Uneinigkeit und Zwietracht unter den übrigen stiftet oder gewohnheitsmäßig anderen die Ehre nimmt oder von ihnen in ihrer Abwesenheit Übles redet.
Wenn eine sich erlaubt, ohne Genehmigung der Mutter Priorin oder ohne Gefährtin, die Zeugin sein und sie deutlich hören soll, mit Auswärtigen zu sprechen.
Wenn eine wegen dergleichen Fehler angeklagt wird und der Schuld überführt ist, soll sie sich sogleich prosternieren und demütig (piadosamente) um Verzeihung bitten. Damit sie nach Verdienst gestraft werde, erhalte sie auf entblößte Schultern eine Disziplin, die so lange währe, als es die Mutter Priorin für gut hält! Nachdem sie sodann den Befehl erhalten, aufzustehen, begebe sie sich in die von der Mutter Priorin bezeichnete Zelle, und keine wage es, sich ihr beizugesellen oder mit ihr zu sprechen oder ihr etwas zu schicken. Sie soll erkennen, daß sie vom Konvente ausgeschieden und der Gesellschaft der Engel beraubt sei. Solange sie sich in der Buße befindet, darf sie nicht kommunizieren, auch zu keinem Amte verwendet, mit keinem Geschäfte betraut und zu keiner Sache beauftragt werden. Sie soll vielmehr des Amtes, das sie zuvor bekleidete, beraubt sein und im Kapitel weder Sitz noch Stimme haben, außer um sich selbst anzuklagen; sie soll ferner bis zur vollständigen Abbüßung ihrer Schuld die letzte von allen sein. Im Refektorium darf sie sich nicht zu den übrigen setzen, vielmehr soll sie, mit ihrem Mantel bekleidet, in der Mitte des Refektoriums auf dem bloßen Boden sitzen und nur Brot und Wasser genießen, wenn ihr nicht aus Barmherzigkeit auf Geheiß der Mutter Priorin sonst etwas gereicht wird. Diese erzeige sich mitleidsvoll gegen sie und sende ihr, wenn sie demütigen Herzens ist, eine Schwester zu, die sie tröste und in ihrer (guten) Gesinnung fördere! Einer solchen wende auch der ganze Konvent seine Gunst und Hilfe zu, und die Mutter Priorin weigere sich nicht, Barmherzigkeit an ihr zu üben, früher oder später, mehr oder minder, je nachdem das Vergehen es erfordert.
Wenn eine sich offen gegen die Mutter Priorin oder ihre Oberen auflehnt oder diesen etwas Unerlaubtes oder Unehrbares andichtet, soll sie außer der oben festgesetzten Strafe noch vierzig Tage lang Buße tun und der Stimme und des Sitzes im Kapitel sowie jedes Amtes, das sie innehatte, beraubt sein.
Wenn durch eine geheime Verschwörung oder boshafte Übereinkunft dieser Art weltliche Personen in irgendeiner Weise zur Verwirrung oder Schande der Schwestern oder des Klosters sich einmischen würden, so sollen die Schuldigen in das Gefängnis gesperrt werden und darin je nach der Größe des entstandenen Ärgernisses verbleiben. Wenn deshalb Parteiungen oder Spaltungen im Kloster entstünden, so sollen sowohl deren Urheber als auch deren Begünstiger der Strafe der Exkommunikation verfallen und gleichfalls eingesperrt werden.
Wenn eine die Wiederherstellung der Ruhe oder die Bestrafung der Übertretungen zu verhindern sucht und die Oberen beschuldigt, als handelten sie aus Haß oder aus Mißgunst oder anderen dergleichen Motiven, so soll sie wie jene, die gegen die Mutter Priorin konspirieren, mit der oben angeführten Strafe gestraft werden.
Wenn eine es wagt, ohne Erlaubnis der Mutter Priorin Briefe zu empfangen oder fortzusenden oder zu lesen oder sonst etwas hinauszuschicken oder das, was ihr gegeben wird, für sich zu behalten; ebenso, wenn durch die Übertretungen dieser Schwester jemanden in der Welt (Ärgernis) gegeben wird, so soll sie außer den in den Satzungen dafür bezeichneten Strafen bei den kanonischen Tagzeiten und bei der Danksagung nach dem Mittagessen vor der Chortüre sich so lange prosternieren, bis die Schwestern vorübergegangen sind.
