Zweites Kapitel. Empörung in Britannien. Konstantin schifft nach Italien, und besetzt Valentia.
[J. 407.] 1. Als Arkadius noch regierte, und Honorius zum siebentenmale, Theodosius aber das zweitemal Konsule waren, empörten sich die Soldaten in Britannien, setzen den Markus auf den königlichen Thron, und gehorchen ihm, als dem Beherrscher des Landes. 2. Da er aber nach ihrem Charakter sich nicht bequemte1, so tödteten sie ihn, und stellten den Gratianus auf, legten ihm ein Purpurkleid und eine Krone bei, und begleiteten ihren König als Trabanten. 3. Aber auch mit diesem waren sie unzufrieden, setzten nach vier Monaten ihn ab, tödteten ihn, und übergaben das Reich dem Konstantin. 4. Dieser setzte über die Legionen in Gallien den Justinianus und S. 201 Neobigastes, verließ Britannien, und schiffte über. 5. Als er nach Bononien2, der ersten Stadt am Meere, die zu Niederteutschland [Niedergermanien] gehört, gekommen war, verweilte er da einige Tage, brachte alle Heere bis zu den Alpen, die Gallien und Italien scheiden, auf seine Seite, und glaubte nun, sein Reich seie gegründet. 6. Um diese Zeit schickte Stilicho den Sarus mit einem Heere gegen ihn aus. 7. Dieser begegnet dem Justinianus mit seinem Heere, tödtet ihn und den größeren Theil seiner Soldaten, und macht große Beute. Nun erfuhr er, Konstantin habe Valentia3 besetzt ― eine Stadt, die ihm Sicherheit gewährte ― und machte daher Anstalten zur Belagerung. 8. Neobigastes, der andere Feldherr, unterhandelt mit Sarus wegen eines Vertrags, und nimmt ihn als Freund auf. Sie schwören einander4. Aber Sarus achtet des Eids nicht, und bringt ihn alsbald ums Leben. 9. Nun setzt Konstantius den Edobinchus, einen Franken von Geburt, und Gerontius, der aus Britannien kam, zu Feldherren ein. Sarus fürchtet ihre Kriegserfahrenheit und Tapferkeit, und zieht von Valentia ab, das er sieben Tage belagert hatte. 10. Konstantius Feldherren verfolgten ihn mit aller Macht, und nur mit Mühe konnte S. 202 er sich dadurch retten, daß er den Bakauden5, die ihm bei den Alpen entgegenrückten, seine ganze Beute schenkte, damit sie ihm den Uebergang über die Gebürge nach Italien gestatteten. 11. Als Sarus sich auf diese Art gerettet hatte, zog Konstantin seine ganze Macht zusammen, und beschloß, hinreichende Posten auf den Alpen auszustellen. 12. Es sind drei, auf denen man aus Gallien nach Italien übergeht, und die den Eingang verschließen, S. 203 die Kottische, Pöninischen6 und die Seealpen. Die angegebene Vorsicht gebrauchte er wegen folgender Ursache.
Da sie glaubten, Verdienste um ihn zu haben, so machten sie wohl ungerechte Forderungen, die er nicht bewilligen konnte. ↩
Boulogne. ↩
Valence. ↩
Freundschaft. ↩
Bakauden (Bagauden) waren kein Volk, das irgend feste Wohnplätze gehabt hätte, sondern umherschwärmende Rotten unglücklicher, die durch Ungerechtigkeit etc. vertrieben, sich dem Gehorsam der Römer entzogen, daher den Sarus hier anzugreifen droheten. S. die Anmerk. der Gelehrten zu Eutropius, B. 9. K. 20. Leibniz sagt: (Etymolog. II. p 91.) Im Celtischen seye Bagad turma, grex, turba. Hinc credo Bagaudae, Galli rebelles ap. Salvianum. Schilter Thes. Antiq. Teuton. III. 71. Bag Aude vel Bagaude, latronum cohors, Banditae, Schnaphantae, latrunculi (Miquelets) Salvian. Lib V. de Gubernat. Dei p. 105. Inter haec vastantur pauperes, ut multi ad hostes fugiant, ne persecutionis publicae adflictione moriantur, quaerentes scilicet apud Barbaros Romanam humanitatem, quia apud Romanos barbaram inhumanitatem ferre non possunt. – Itaque passim vel ad Gothos, vel ad Bacaudos, vel ad alios ubique dominantes barbaros migrant etc. Aurel. Vict. p 305. (ed. c. not. Var. Lugd. 1670) Excita manus agrestium et latronum, quos Bagaudos incolae vocant etc. ― Dieser Schriftsteller erwähnt ihrer schon unter Diokletian. ↩
Gewöhnlich Penninischen. ↩
