Kap. 19. Des Pachomius Verhalten in der Krankheit.
Als einmal die Brüder weggegangen waren, um auf einer Insel Binsen abzuschneiden, während Theodorus für sie die Mahlzeit bereitete, da kam eines Tages der Vater von der Arbeit - er war nämlich mit ihnen -, gequält von einem körperlichen Leiden. Da ihn fror, breitete Theodorus eine härene Decke über ihn. Er aber entrüstete sich darüber und befahl ihm: „Nimm sie hinweg von mir und wirf eine Binsenmatte über, wie es bei den Brüdern Brauch ist.“ Danach tat Theodorus, als ob er die peinliche Sorgfalt des Greises vergessen habe, nahm eine Handvoll Datteln, reichte sie ihm und redete ihm zu, zu nehmen. Als der aber dies sah, sprach er unter Tränen zu ihm: „MeinS. 842Bruder, da wir die Macht haben, regeln wir die Mühen der Brüder und ihre Bedürfnisse; dürfen wir uns deshalb so schlechtweg und wie sich's gerade trifft der Gleichgültigkeit überlassen und gegen die Notwendigkeit, gegen Zeit und Sitte handeln? Wo bleibt da die Furcht Gottes? Sage mir, mein Bruder, besuchtest du alle Hütten und überzeugtest du dich, daß es in ihnen keine Kranken gebe? Gerate nicht in Versuchung, Theodorus! Denn es ist dasselbe, in Kleinem und in Großem gegen das Gesetz zu fehlen. Wenn also jene armen Menschen ihre Drangsale freudig mit Gott erdulden, wie sollen wir sie nicht ertragen?“ Vermöge der ihm verliehenen Gnade untersuchte er die Krankheiten nach ihrer Art. Denn er wußte genau, daß die Dämonen mit allen erdenklichen Erfindungen versuchen, den Gläubigen Fallen zu stellen.
Einmal allerdings befiel ihn im Kloster ein überaus heftiges Fieber, und er blieb fünf Tage lang ohne Nahrung. Er merkte, daß dies eine List des Schlechten sei, der beständig die Heiligen hindern will. Deshalb unterließ er es nicht, zum Gebet aufzustehen, sondern schickte zu Gott, auf den er sehnsüchtig hoffte, seine heißen Bitten empor. Und plötzlich fühlte er Erleichterung von der Krankheit und setzte sich am Tisch der gesunden Brüder nieder, voll Dank gegen den Herrn, der ihm die Gabe, das Bessere zu unterscheiden, verliehen hatte.
Obwohl er aber so stark war, vernachlässigte er doch die Kranken durchaus nicht, er war vielmehr gut und mitfühlend gegen die Brüder wie nur irgendeiner.
