Kap. 2. Jugendzeit des Pachomius.
Als er noch ein Knabe war, ereignete es sich einmal, daß er mit seinen Eltern in einen heidnischen Tempel ging, der am Ufer des Flusses bei seinem Heimatsort lag. Sie hatten die Gewohnheit, den Truggebilden der Dämonen zu opfern. Als der Priester die Gebräuche ihres abscheulichen Opfers erfüllen wollte, da war seine Mühe dafür vergebens und verschwunden die Wirksamkeit der Dämonen. Eine geraume Zeit blieb auch er gleich seinen Göttern sprachlos, er war befremdet über die vollständige Stummheit des Götterbildes. „Denn die Götzenbilder der Heiden haben einen Mund, aber sie werden nicht reden; denn es ist kein Leben in ihrem Munde“.1
Da merkte der Abscheuliche, daß sich die Dämonen aus keinem anderen Grunde als wegen der Anwesenheit des Knaben dem Götzentempel nicht näherten. Er fing nun an zu brüllen und zu schreien: „Warum habt ihr den Feind der Götter hierher geführt? Treibt ihn hinaus!“ Als seine Eltern dies hörten und sahen, wie der Knabe verfolgt wurde, da empfanden sie um ihn großen Schmerz, da er als ein Feind der angeblichen Götter erschienen war. Sie überlegten und wußten sich keinen Rat und sprachen bei sich: „Was mag dies wohl sein?“ Denn als er ein anderes Mal vom Wein der Spende genoß, da spie er ihn augenblicklich aus. Und da sie nicht imstande waren, das Geschehnis zu beurteilen, beruhigten sie sich und erzogen ihn sorgfältig in ägyptischer Wissenschaft.
Als der große Konstantinus2 nach der Verfolgung Kaiser geworden war und gegen einen Tyrannen kämpfen mußte, da wurde in einigen Provinzen befohlen, daß die meisten jungen Leute als Rekruten eingezogen werden sollten. Darunter war auch Pachomius, der, wie er selbst versicherte, gegen das zwanzigste Lebensjahr ging.
Als nun alle einmütig mit den Soldaten, welche sie übernommen hatten, dahinfuhren, da ankerten sie bei einer Stadt Thebens. Es war Abend; die Bürger der Stadt sahen sie scharf bewacht. Als christliche und barmherzige Männer ihr Geschick vernahmen, da brachten sie ihnen alles, was sie bedurften, und trösteten sie herzlich, da sie in großer Bedrängnis waren.
Da ich, erzählt Pachomius, diese ihre Handlungsweise sah und mich darüber sehr wunderte, erfuhr ich von meinem Gefährten, daß die Christen gegen alle, vornehmlich aber gegen die Fremden, mitleidig und menschenfreundlich seien.
Als ich mich erkundigte, erzählt er weiter, was der Name Christen bedeute, da sagten sie: „Es sind fromme Männer, die an den Namen des eingeborenen Sohnes ihres Gottes, Jesus Christus, glauben und die allen Gutes tun; sie hoffen von ihm den Lohn der Vergeltung.“ Als sie das zu ihm sagten, da wurde er erleuchtet im Geiste und bewunderte den Glauben der Christen. Und er wurde entflammt im Herzen von derS. 804Furcht Gottes und freute sich im Geiste. Er zog sich ein wenig zurück, und als er allein war, da streckte er die Hände zum Himmel empor und sprach: „Herr Gott, der Du Himmel und Erde erschaffen hast, wenn Du siehst und hinblickst auf meine Erniedrigung, dann schenke mir die Erkenntnis Deiner Gottheit und befreie mich aus dieser Trübsal. Dann werde ich Dir dienen alle Tage meines Lebens, und ich werde leben nach Deinen Gesetzen.“ Nachdem er so gebetet hatte und seine Versprechungen dem Herrn gegeben, da kam er nach einem Tage mit seinen Gefährten aus dem Gewahrsam heraus, stieg in ein Schiff und fuhr weg von jener Stadt.
Inzwischen wurde er in die Fremde geführt. Wenn ihn jemals fleischliche Vergnügungen oder die Begierden einiger weltlich Gesinnter belästigten, wies er sie mit aller Kraft von sich; denn er bewahrte das Gedächtnis an jenes Gebet, in dem er erleuchteten Herzens Christus bekannt hatte, und an die göttliche Gnade, deren er teilhaftig geworden war. Denn er liebte schon von früher Kindheit an überaus die Keuschheit.
