Kap. 3. Berufung zum Asketen.
Als nun der große und fromme Kaiser Konstantinus durch den Glauben an Christus seine Gegner besiegt hatte, da wurden die Rekruten entlassen, darunter auch Pachomius. Er eilte sogleich in die obere Thebais, kam zu einer Kirche in einem Dorfe namens Chenoboskia,1 wurde von heiligen Männern unterrichtet und dort getauft. In der Nacht, in welcher er der Teilnahme an den heiligen Geheimnissen gewürdigt worden war, sah er im Schlafe vom Himmel her Tau herabträufeln und seine rechte Hand füllen. Und als er so dick wie Honig geworden war, hörte er eine Stimme, die zu ihm sprach: „Verstehe das, was hier geschieht,S. 805Pachomius! Denn dies soll dir ein Beispiel sein der dir von Christus verliehenen Gnade.“ Dadurch wurde er noch mehr von der Liebe zu Gott durchdrungen und über die Maßen erschüttert und wünschte, Mönch zu werden.
Als er die Kunde erhielt, ein Einsiedler namens Palamon wohne für sich allein, da ging er zu ihm, da er mit ihm leben wollte. Er kam an seine Zelle, die in der Nähe der Wüste lag, und begann an die Türe zu klopfen. Der Einsiedler öffnete und sprach zu ihm: „Was willst du und wen suchst du?“ Der Greis war nämlich etwas streng, weil er schon eine geraume Zeit allein die Askese pflegte. Pachomius antwortete und sprach zu ihm: „Gott hat mich zu dir geschickt, damit du aus mir einen Mönch machest.“ Da entgegnete ihm der Greis: „Du kannst nicht Mönch werden; denn es ist nichts Kleines um das Tun eines Mönches. Deshalb haben auch schon viele, die hierher kamen und die Knie beugten, nicht ausgehalten.“ Pachomius erwiderte ihm: „Nicht aller Menschen Gesinnungen sind einander ähnlich. Nimm mich auf! Die Zeit überzeugt dich.“ Der Greis sagte zu ihm: „Ich bedeutete dir schon, daß du es nicht werden kannst. Gehe anderswohin und treibe eine Zeitlang die Askese; dann komme so wieder, und ich will dich aufnehmen. Denn auch ich“, fuhr er fort, „lebe hier und übe mich in strenger Askese, und nichts anderes nehme ich durch die Gnade Gottes zu mir als Brot und Salz. Von Öl und Wein enthalte ich mich gänzlich. Ich wache die halbe Nacht, bringe Gebete dar und übe mich in den Vorschriften Gottes. Bisweilen aber wache ich auch die ganze Nacht.“
Dies hörte Pachomius und war über die Strenge seiner Worte erfüllt mit heiliger Scheu wie ein junger Schüler vor dem Lehrer; sein Wunsch aber war nur noch inniger, gekräftigt durch die göttliche Gnade. Er nahm sich im Herzen vor, jede Art von Mühe tapfer auf sich zu nehmen und sprach zu ihm: „Ich vertraue auf den Herrn, daß er mir Kraft und Ausdauer gewähren wird, so daß ich durch deine frommen Gebete gewürdigt werde, hier zur Vollkommenheit zu gelangen.“
Auch Chenoboskion, Ort im Nomos Panopolis in Ägypten; der Nomos hatte seinen Namen von der Stadt Panos ((xxx)) in Oberägypten. ↩
