Kap. 50. Schlußbemerkungen des Verfassers.
S. 898Dies haben wir berichtet - und zwar Weniges aus einem umfangreicheren Stoff und statt seiner größeren Ruhmestaten nur die geringsten -, nicht um den heiligen Vätern unser Lob darzubringen; denn sie streben nicht nach unserer Wertschätzung und unserem Preise; es genügt ihnen das ewige Lob, das ihnen vom Herrn und den Engeln zuteil wird und das vollkommener sein wird; denn sie werden leuchten wie die Sonne, schweigend im Lichte Christi, der immer die, welche ihn preisen, verherrlicht. Wir haben dies vielmehr geschrieben, damit wir nach Kräften ihre Nachahmer werden, indem wir durch das Anhören zur Nacheiferung ihres Lebens angeregt werden, durch die Gebete und Fürbitten der heiligen Propheten, Apostel und Märtyrer, derentwegen unser Herr Christus gepriesen wird, dem ist Ruhm und Macht von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.
Ich bitte indes die Leser, dieser Erzählung kein Mißtrauen entgegenzubringen. Wenn aber einer der Leser über die einzelnen Worte des Gebetes, die Pachomius jedesmal gebrauchte, fragen sollte und sagte: „Woher habt denn ihr Geschichtschreiber die Kenntnis davon?“ - der möge sich an das erinnern, was wir weiter oben bemerkt haben,1 daß wir nämlich dies von heiligen Vätern erfahren und genau geprüft haben. Denn der Selige selbst hat oft den Brüdern Förderliches erzählt und ihnen seine Gedanken geoffenbart und sie eingehend belehrt, wie man bei jeder Bitte beten müsse. Und nicht nur sie, sondern alle Mönche, die zu ihm kamen, ermunterte er, an den Heiland Christus zu glauben und ihn zu lieben; sich zu hüten vor törichten Gedanken und fleischlichen Vergnügungen, die Ruhmsucht zu fliehen und unaufhörlich zu beten, um einander zu lieben.
Dazu hat uns auch der göttliche Apostel angeleitet und die Größe der Liebe gezeigt, indem er im Brief anS. 899die Korinther sagte: „Eifert den besseren Gaben nach! Und zum Übermaß zeige ich euch noch den Weg.“2 Und der Herr Christus sprach zu den Aposteln: „Daran werden alle erkennen, daß ihr meine Schüler seid, wenn ihr einander liebet.“ Denn viele, sagte Pachomius bewundern die, welche den Körper pflegen können, ich aber halte sie nicht für so großer Bewunderung wert wie die, welche dazu vollkommen sind, um einfache Leute von der Welt abzuziehen und von der Sünde zur Tugend zu lenken. Denn urteilt nicht darüber, Geliebte, sprach er, warum er dieses und jenes Wunder nicht getan hat, urteilt vielmehr erst dann, wenn einer Ähnlichkeit hat mit denen, die im Psalm vom Geiste verurteilt werden, der da sagt „Sie haben sich Gott nicht vor Augen gestellt“.3 Denn wie kann der den Nächsten lieben, der nicht immer Gott vor Augen hat, im Sinne des seligen David, der da spricht: „Ich sehe in allem den Herrn vor mir, er ist zu meiner Rechten, damit ich nicht schwanke“.4
Es ist auch nötig und Gott wohlgefällig, sagte er, wenn die Kinder, die von der Schlechtigkeit noch nichts wissen, dies öfter hören und wenn sie älter geworden sind, belehrt werden, sich dieser Regel zu fügen, nach oben über ihre Jugend hinaus dem Guten nachzueifern, nach dem, was vor ihnen liegt zu streben und so zur Vollkommenheit zu gelangen, wie der selige Samuel eifrig beim Tempel saß. Denn es ist reine Erde und bereit zur Bearbeitung; das dürre Land aber, das unter vielen Mühen gereinigt worden ist, bringt dann erst Früchte.
Wir müssen wachen, daß wir den Kindern keinen Anstoß geben, damit der Herr, der die Kleinen behütet, auch unsere Seele wie einen Augapfel bewache. „Denn mit welchem Maße ihr meßt“, sprach er, „wird euch wieder gemessen werden“.5 Keiner also wage es, Geliebte, einer Seele zu schaden, auch nicht mit einemS. 900raschen Worte. Wie man sie behüten muß, dazu bedarf es nicht langer Worte; das ganze Ziel der Rede, sprach er, höre: Fürchte Gott und halte seine Gebote, dann wirst du ein vollkommener Mönch sein. Es gäbe noch anderes euch zu sagen, aber um die Erzählung nicht noch länger auszudehnen: der Gott des Friedens möge euch stärken, Brüder, zu seiner Furcht. Amen.
