5.
Augustinus antwortete: Es ist katholischer Glaube und ebenso Glaube der Apostel, dass unser Herr und Retter Jesus Christus gleichzeitig seiner göttlichen Natur nach Sohn Gottes, seinem Fleisch nach aber Sohn Davids ist. Das weisen wir aus den Schriften des Evangeliums und der Apostel so klar nach, dass niemand gegen unsere Beweise antreten kann, ohne gleichzeitig gegen die Schriften selber anzutreten; es ist also nicht so, wie unser Faustus sich das ausgemalt hat, dass da irgend jemand ein paar Worte sagte und dann später keine Zeugnisse vorlegen konnte, um die fintenreichen Sophistereien dieses Faustus zu parieren. Wenn ich das in die Hand nehme, wird ihm nur die Antwort übrigbleiben, mit der er jeweils versucht, die Stärke der augenscheinlichen Wahrheit in den Heiligen Schriften unverhohlen lächerlich zu machen und ihr auszuweichen, indem er die betreffenden Zeugnisse zu Fälschungen und Interpolationen in den göttlichen Büchern erklärt (cf. Z.B.p. 320,4). Diesen Irrsinn, diese wahnsinnige Anmassung und Dreistigkeit habe ich schon weiter oben in diesem Werk (cf. B. 11), soweit es mir angebracht schien, in die Schranken gewiesen, und es ist nicht nötig, dasselbe zu wiederholen; man muss ja auch an den Umfang der Disputation denken. Was brauchen wir also die über alle Texte verstreuten Zeugnisse zu suchen und zu sammeln, um mit ihrer Hilfe gegen diesen Mann den Nachweis zu führen, dass es in jenen Büchern von höchster und göttlicher Autorität derselbe eingeborener Sohn Gottes, immer Gott bei Gott (cf. Joh. 1,18; 3,16) genannt wird, der auch Sohn Davids genannt wird, weil er aus der Jungfrau Maria, der Ehefrau des Joseph, die Gestalt des Sklaven angenommen hat (cf. Phil. 2,7)? Doch da nun Faustus über Matthaeus disputieren wollte, ich aber nicht die gesamte Schrift des Matthaeus in diese Disputation einfügen kann, möge inzwischen ein jeder, der will, nachlesen und darauf achten, wie Matthaeus jenen Jesus, den er vor der Aufzählung seiner Vorfahren als Sohn Davids bezeichnet, in seinem Bericht bis zu dessen Leiden und Auferstehung begleitet und von eben diesem Jesus sagt, dass die Jungfrau Maria ihn vom Heiligen Geist empfangen und geboren habe. Als Bestätigung dafür zieht er auch noch ein Zeugnis aus dem Propheten heran (Is. 7,14; Mt. 1,23): Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen und einen Sohn gebären, und sie werden ihm den Namen Immanuel geben, das heisst übersetzt „Gott mit uns“. Und derselbe Jesus, über den gleich nach der Niederkunft der Jungfrau gesagt wurde (Mt. 1,23): „Gott ist mit uns“ , habe nach der Taufe durch Johannes vom Himmel die Worte gehört (Mt. 3,17): Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe. (Aber vielleicht erschien es ja Faustus weniger bedeutsam, dass Jesus Gott genannt wurde, als dass er Sohn Gottes genannt wurde.) Aus dem Faktum, dass anlässlich der Taufe die Stimme vom Himmel ertönte (Mt. 3,17): Dieser ist mein Sohn, versuchte ja Faustus den Schluss zu ziehen, Matthaeus habe die Meinung vertreten, dass Jesus erst seit diesem Ereignis zum Sohn Gottes geworden sei, obwohl doch derselbe Evangelist schon vorher (Mt. 1,23) das göttliche Zeugnis aus dem Propheten (Is. 7,14) herangezogen hatte, wo das Kind der Jungfrau „Gott ist mit uns“ genannt wurde.
