6.
Nun behauptet Faustus: Aber wenn doch Elias als Mensch imstande war, nicht zu sterben, warum sollte dann Christus, weil er kein Mensch war, ausserstande gewesen sein, zu sterben? Das ist so, als ob jemand sagte: Wenn die Natur des Menschen zu etwas Besserem umgewandelt werden konnte, warum hätte dann die Natur Gottes nicht zu etwas Schlechterem umgewandelt werden können? Das ist töricht, denn die Natur des Menschen ist ja wandelbar, die Natur Gottes aber unwandelbar. Es könnte ja ein ähnlich krankes Gehirn behaupten: Wenn Gott einem Menschen verleihen kann, dass er in Ewigkeit herrsche, warum kann er nicht für sich selbst die ewige Verdammnis bewirken? Das ist es ja nicht, was ich behaupte, erwidert Faustus, aber vergleich doch einmal den Dreitagestod Gottes mit dem ewigen Leben dieses Menschen! Ganz richtig, wenn du den Dreitagestod Gottes so verstehen würdest, dass in ihm das Fleisch, das er vom menschlichen Geschlecht angenommen hat, abgestorben ist, dann hättest du die richtige Einsicht; denn die Wahrheit des Evangeliums verkündet ja diesen Dreitagestod, den Christus für das ewige Leben der Menschen erlitten hat. Wenn du nun aber – mit der Begründung, dass auch die menschliche Natur mit der Unsterblichkeit beschenkt werden kann – weismachen willst, man könne sinnvollerweise auch glauben, dass dieser Dreitagestod ohne Annahme der sterblichen Schöpfungsnatur unmittelbar an der göttlichen Natur erfolgt sei, dann redest du tatsächlich Unsinn, wie einer, der weder Gott noch dessen Gaben kennt. Und etwas weiteres: Wie kommt es, dass du zu meinem Satz, den ich oben (734,10) als These aufgestellt habe, sagtest, das sei es gar nicht, was du behauptest, und dass du gar nicht dächtest, Christus habe für sich selbst die ewige Verdammnis bewirkt, wo doch, wie man weiss, ein Teil eures Gottes für ewig im Klumpen gefesselt sein wird? Willst du etwa gar behaupten, dass zwar ein Lichtteil auch Licht sei, ein Teil Gottes aber nicht Gott? Zum Schluss wollen wir euch ohne spitzfindige Syllogismen und in der ungeschminkten Wahrheit des Glaubens sagen, warum wir daran glauben, dass Elias, als Mensch geboren, durch göttliche Einwirkung von der Erde entrückt wurde (cf. IV reg. 2,11), und dass Christus wahrhaft von der Jungfrau geboren wurde (cf. Mt. 1,25) und wahrhaft am Kreuz gestorben ist (cf. Mt. 27,50): wir glauben das deshalb, weil es die Heilige Schrift ist, die sowohl jenes für Elias, wie auch dieses für Christus bezeugt; und niemand ist gottesfürchtig, ausser wer an sie glaubt, und niemand ausser der Gottlose glaubt nicht an sie. Ihr dagegen glaubt ja nicht wirklich an jene Vorgänge um Elias, da die ganze Debatte für euch nur ein Täuschungsmanöver ist (cf. 730,17), und es ist auch nicht eure ehrliche Aussage, dass Christus, ohne geboren zu sein, sterben konnte, ihr behauptet vielmehr, dass die Geburt aus der Jungfrau nicht stattfand, sein Tod am Kreuz nur zum Schein, d.h. auch nicht stattfand, vorgetäuscht nur, um das menschliche Auge zum Besten zu halten; und euer Täuschungsmanöver hat den einzigen Zweck, dass jene Menschen, die an all das glauben, auch euch gegenüber, die ihr ein reines Lügengebäude aufstellt, Nachsicht üben.
