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Wer aber würde euch je die Frage vorlegen, die sich Faustus, als ob sie aus dem Mund eines Katholiken käme, selber vorlegt (p. 728,13): Wenn Jesus nicht geboren ist, wie konnte er dann sterben?, ausser einer, der nicht beachtet, dass auch Adam zwar nicht geboren wurde, aber dennoch starb? Wenn also der Sohn Gottes das menschliche und reale Fleisch für sich aus dem selben Stoff hätte formen wollen, aus dem er es auch für den ersten Menschen formte, da ja alles durch ihn geworden ist (cf. Joh. 1,3), wer wagte da zu behaupten, dass er es nicht vermocht hätte? Wenn er gar einen Leib, den er aus Geschöpfen des Himmels, der Luft oder des Wassers angenommen hätte, in die Gestalt des menschlichen Fleisches mit all seinen Eigenschaften umwandeln wollte, in dem er leben und als sterblicher Mensch auch sterben könnte, wer würde in Abrede stellen, dass er dies hätte tun können, er der allmächtige Sohn des Allmächtigen? Keiner würde das wagen. Wenn er schliesslich seinen Leib nicht aus irgendwelchen körperlichen Elementen, die von ihm geschaffen wurden, hätte annehmen wollen, sondern es vorgezogen hätte, sich seinen wahren Leib unmittelbar aus dem Nichts zu erschaffen, so wie durch ihn alles erschaffen wurde, was nicht war: wer von uns möchte da Widerspruch erheben, wer von uns behaupten, dass das nicht möglich war? Nicht deshalb also glauben wir, dass Christus aus der Jungfrau Maria geboren wurde, weil wir meinen, dass er auf andere Weise nicht im wahren Fleisch hätte erscheinen und sich den Menschen zeigen können, wir glauben es vielmehr deshalb, weil es in jener Schrift geschrieben steht, der wir glauben müssen, wenn wir zu den Christen und Geretteten gehören wollen.
Wir glauben also daran, dass Christus aus der Jungfrau Maria geboren wurde, weil es im Evangelium so geschrieben ist; wir glauben, das er gekreuzigt wurde und gestorben ist, weil es im Evangelium so geschrieben ist; und dass er wahrhaft geboren wurde und wahrhaft gestorben ist, weil das Evangelium die Wahrheit ist. Warum er aber all das im Fleisch erleiden wollte, das er aus dem Schoss einer Frau angenommen hat, dafür liegt die ganze Entscheidung bei ihm selber; vielleicht befand er es für gut, die beiden Geschlechter, die er geschaffen hatte, auch auf diese Weise auszuzeichnen und ihnen die Ehre zu erweisen, indem er die Gestalt des Mannes annahm und von der Frau geboren wurde, vielleicht tat er es aus irgend einem andern Grunde. Welcher dies war, möchte ich nicht aufs Geratewohl sagen; nur eines aber kann ich vertrauensvoll sagen, dass es nicht anders geschehen ist, als wie die Wahrheit des Evangeliums es gelehrt hat, und dass es nicht anders hätte geschehen dürfen, als wie die Weisheit Gottes es für gut befand: die Gewähr, die das Evangelium bietet, werten wir höher als alle Disputationen mit Häretikern, und den Entscheid der Weisheit Gottes anerkennen wir vor sämtlichen Entscheiden jeglicher Kreatur.
