5.
Ich höre den Einwand: „Ist es denn schließlich ein Verbrechen, mit einem heiligen Mann zusammenzuwohnen?“ Eine solche Frage stellen, heißt mich gegen meinen Willen vor Gericht schleppen; 1 denn ich muß entweder gutheißen, was ich nicht billigen kann, oder ich werde mir viele zu Feinden machen. Ein heiliger Mann reißt niemals Mutter und Tochter auseinander. Er nimmt beide auf und achtet sie beide. Mag die Tochter noch so tugendhaft sein, die verwitwete Mutter ist ein Mahnmal der Keuschheit. Wenn dieser, was weiß ich wer, Deines Alters ist, dann ehre er Deine Mutter als die seinige. Ist er älter, dann liebe er Dich wie eine Tochter und halte Dich zum Gehorsam gegen Deine Mutter an. Ihr geratet beide in ein ungünstiges Licht, wenn S. 339 er Dich mehr liebt als Deine Mutter. Es könnte ja so aussehen, als hätte er Dich nicht Deiner Gesinnung, sondern Deines jugendlichen Alters wegen zu sich genommen. Was ich bis jetzt gesagt habe, würde auch dann gelten, wenn Du keinen Bruder hättest, der Mönch ist, wenn Du zu Hause ohne Schutz wärest. Aber beim Himmel, warum stellt sich denn da ein dritter zwischen Mutter und Bruder, zwischen die verwitwete Mutter und den dem Ordensstande angehörigen Bruder? Es wäre gut, wenn Du Dich dessen entsinnen wolltest, daß Du als Tochter und Schwester Verpflichtungen hast. Wenn Dir aber beides zuviel ist und die Mutter Dich wegen ihres rauhen Wesens abstößt, dann bleibt Dir noch immer der Bruder. Erscheint Dir aber der Bruder zu wenig umgänglich, dann müßtest Du doch mit der sanfteren Mutter fertig werden können. Aber warum wirst Du so blaß? Warum wird es Dir so schwül? Weshalb übergießt die Schamröte Deine Wangen? Warum legen Deine bebenden Lippen Zeugnis ab von Deiner inneren Erregung? Es geht eben nur eines über die Liebe zu Mutter und Bruder, nämlich die Liebe zum Gatten.
Plautus, Poenulus 790. ↩
