4.
Gehen wir einmal die einzelnen Schriftsteller durch! Quadratus, ein Schüler der Apostel und Oberhirte der Kirche zu Athen, hat dem Kaiser Hadrian, als er die eleusinischen Mysterien besuchte, eine Schrift zur Verteidigung unseres Glaubens übergeben. 1 Sie erregte in dem Maße die allgemeine Bewunderung, daß seine geistvollen Darlegungen das Ende dieser außergewöhnlich schlimmen Verfolgung herbeiführten. Der Philosoph Aristides, ein Meister des Wortes, überreichte dem gleichen Kaiser eine Schutzschrift für die Christen, 2 die aus Aussprüchen der Philosophen zusammengestellt war. Ähnlich wie er machte es später Justinus, der selbst Philosoph war. Er richtete an Antoninus Pius, dessen Söhne und an den Senat das Buch gegen die Heiden 3 und verteidigte hierin mit allem Freimut die Schmach des Kreuzes und die Auferstehung Christi. Ich könnte noch Melito, den Bischof von Sardes, 4 Apollinaris, einen Priester der Kirche zu Hierapolis, 5 S. b294 Dionysius, den Bischof der Korinther, 6 Tatian, 7 Bardesanes 8 und Irenäus, 9 den Nachfolger des Märtyrers Pothinus, anführen, die in zahlreichen Werken dargelegt haben, welches der Ursprung der einzelnen Irrlehren ist, auf welche Philosophen sie sich als ihre Quelle zurückführen lassen. Pantänus, 10 ein Anhänger der stoischen Philosophie, wurde wegen seiner hervorragenden Gelehrsamkeit von Demetrius, dem Bischof von Alexandrien, nach Indien gesandt, um den Brahmanen und Philosophen dieses Landes Christum zu verkünden. Klemens, ein Priester der alexandrinischen Kirche, meines Erachtens der Gelehrteste von allen, verfaßte 8 Bücher Stromata und ebenso viele unter dem Titel Hypotyposen, ein weiteres Buch gegen die Heiden und drei Bücher, die er „Erzieher“ nannte. 11 Was wäre S. b295 in seinen Schriften auch nur im entferntesten unwissenschaftlich? Was sie bieten, ist gleichsam das Herzblut der Philosophie. Ihn nahm sich Origenes zum Vorbild, der 10 Bücher Stromata verfaßte. 12 In ihnen verglich er die Anschauungen der Christen mit denen der Philosophen und unterbaute alle Lehren unserer Religion aus Platon und Aristoteles, aus Numenius und Cornutus. 13 Auch Miltiades 14 schrieb ein umfangreiches Werk gegen die Heiden; ferner haben Hippolytus 15 und Apollonius, ein Senator der Stadt Rom, 16 eigene Schriften verfaßt. Zu erwähnen bleiben außerdem die Bücher Julius des Afrikaners, 17 der die Geschichte seiner Zeit schrieb, und des Theodor, 18 der später Gregor genannt wurde, ein S. b296 Mann, der es an Wundern und Tugendkraft den Aposteln gleichtat. Weiter erwähne ich Dionysius, 19 den Bischof von Alexandrien, Anatolius, 20 einen Priester der Kirche von Laodicea, dann die Priester Pamphilus, 21 Pierius, 22 Lucianus, 23 Malchion, 24 die Bischöfe Eusebius von Cäsarea, Eustathius von Antiochia, 25 Athanasius von Alexandrien, Eusebius von Emesa, 26 Triphyllius von Cypern, 27 Asterius von Skythopolis, 28 und den Bekenner S. b297 Sarapion, 29 zuletzt noch den Bischof Titus von Bostra 30 sowie die Kappadozier Basilius, 31 Gregor 32 und Amphilochius. 33 Sie alle haben ihre Schriften so sehr mit Lehren und Ausführungen der Philosophen gespickt, daß man nicht weiß, was man an ihnen mehr bewundern soll, die eingehende Kenntnis der Profanliteratur oder die Vertrautheit mit der Hl. Schrift.
Die angeblich 124—126 überreichte Apologie ist nicht erhalten. Hieronymus verwechselt den Apologeten Quadratus mit dem gleichnamigen Bischof von Athen (B. I 183 ff.). ↩
Hieronymus hat die Apologie nicht gekannt, während sie heute vorliegt. Nach der syrischen Übersetzung ist sie an Antoninus Pius gerichtet (B. I 184. 187 ff.; BKV XII 3 ff.). ↩
Vgl. BKV XII 59 ff. Die Bezeichnung „gegen die Heiden“ legt eine Verwechslung mit Justins Schrift „πρὸς Ἕλληνας“ nahe. An die angegebenen Adressaten ist die größere seiner beiden Schutzschriften gerichtet. ↩
Eusebius erwähnt an 20 Schriften des Melito (2. Jahrhundert), von denen nur vereinzelte Bruchstücke vorliegen (B. I 455 ff.). ↩
Von diesem Zeitgenossen Mark Aurels ist nichts erhalten geblieben (B. I 286 ff. ↩
Schrieb um 170. Nur kleine Bruchstücke erhalten (B. I 439 ff.). ↩
Tatian der Assyrer, ein Schüler Justins, wurde Christ, verfaßte eine Apologie, fiel aber 172 von der Kirche ab und gründete eine eigene Sekte (B. I 262 ff.). ↩
Bardesanes aus Edessa (geb. 154) verfaßte nach Eusebius verschiedene Schriften gegen Irrlehrer zum Schutze des christlichen Glaubens. Er war aber eine zweifelhafte Persönlichkeit, anfänglich Valentinianer, später Begründer einer Sekte (B. I 364 ff.). ↩
Irenäus wurde 177/8 Bischof von Lyon als Nachfolger des neunzigjährigen Märtyrers Pothinus. ↩
Pantänus war seit etwa 180 langjähriger Leiter der Katechetenschule zu Alexandrien. Er war vom Stoizismus (nach anderen war er vorher Pythagoreer) zum Christentum übergetreten. Schriften hat er nicht hinterlassen. Der Eusebianische Bericht über seine Missionsreise ist hier weiter ausgeschmückt (B. II 37 ff.). ↩
Tit. Flavius Klemens (ca. 150—216), des Pantänus Nachfolger zeichnete sich durch besondere Vertrautheit mit der heidnischen Wissenschaft und Literatur aus. Die Stromata beschäftigen sich in 8 Büchern mit Christentum und Weltweisheit, Offenbarung echter und falscher Gnosis, sowie mit dem Idealbild des christlichen Gnostikers. Die Hypotyposen (nur wenige Bruchstücke erhalten) waren eine Art Kommentar, der einzelne Schriftverse allegorisch, historisch oder dogmatsch deutete. Der Paidagogos ist eine christliche Lebenskunde. Das „Buch gegen die Heiden“ ist der Protreptikos, der die Griechen von der Torheit des Götterglaubens weg- und zum Christentum hinführen will (vgl. B. II 40 ff.; Stählin in BKV II. Reihe VII. VIII. XVII. XIX. XX.). ↩
Vgl. S. 233 Anm. 1. ↩
Numenius aus Apamea (ca. 160 n. Chr.), pythagoreisierender, von Philon beeinflußter Platoniker (Bruchstücke bei Eusebius). Der Stoiker L. Annaeus Cornutus (20—67 n. Chr.) aus Leptis im heutigen Tripolis schrieb „περὶ τῆς τῶν θεῶν φύσεως“ (erhalten) und war Lehrer des Persius und Lucanus. ↩
Miltiades (2. Jahrhundert) bekämpfte Montanisten und Gnostiker. Von den apologetischen Schriften (alles verloren), die Eusebius aufzählt, hat Hieronymus „πρὸς Ἕλληνας“ im Auge (B. I 284 ff.). ↩
Hippolytus, eine Zeitlang schismatischer Bischof in Rom, als Märtyrer gestorben, schrieb zwischen 200—235. Seine Werke sind teilweise erhalten. Hieronymos zählt 19 Titel auf (De vir. ill. 61), die er gelegentlich noch ergänzt (B. II 550 ff.). ↩
Apollonius, ein Zeitgenosse der Kaiser Commodus und Severus, schrieb gegen die Montanisten und wurde von Tertullian bekämpft. (De. vir. ill. 40; B. I 432). Bruchstücke überlieferte Eusebius. ↩
Sextus Julius Africanus (2./3. Jahrhundert) schrieb außer anderen Werken eine Weltchronik, die 5 Bücher χρονογραφίαι (größere Bruchstücke erhalten). Vgl. B. II 264 ff. ↩
Gregor Thaumaturgos (213 bis ca. 270) war Bischof zu Neocaesarea im Pontus. Sein literarischer Nachlaß, zum größeren Teil erhalten, ist bescheiden (B. II 315 ff.). Vgl. auch S. 235 Anm. 4. ↩
Dionysius, ein Schüler des Origenes und dessen zweiter Nachfolger als Leiter der Katechetenschule, starb um 265. Erhalten sind nur kleinere Teile seiner Schriften (B. II 203 ff.). ↩
Anatolius aus Alexandrien wurde um 268 Bischof von Laodicea. Er war sehr bewandert in der hellenistischen Philosophie, bedeutender Rhetoriker und auch sonst stark wissenschaftlich interessiert. Nur Bruchstücke erhalten (B. II 227 ff.). ↩
Pamphilus aus Berytos studierte zu Alexandrien und betreute später zu Cäsarea die von Origenes begründete Bibliothek. Als Märtyrer enthauptet (309). Über seine Apologie für Origenes s. S. 208 Anm. 1 (B. II 287 ff.). ↩
Vgl. S. 112 Anm. 4. ↩
Lucian von Antiochien, gebürtig aus Samosata, begründete die antiochenische Exegetenschule. Seine Christologie war subordinatianisch. Er revidierte die LXX und das N. T. Seine übrigen Schriften sind nicht erhalten. Er starb 312 als Märtyrer (B. II 279 ff.). ↩
Malchion, ein Presbyter und Rhetoriker zu Antiochien, überführte 268 Paul von Samosata auf der dritten gegen ihn gehaltenen Synode der Häresie. Außer dem Stenogramm der Disputation mit Paul und einem anschließenden Rundschreiben an die ganze Kirche (nur kleine Bruchstücke) wird nichts Literarisches von ihm erwähnt (B. II 275 f.). ↩
Eusthatius von Antiochien bekämpfte die Arianer und war zu Nicaea (325) einer der einflußreichsten Vertreter der Orthodoxie. Von seiner reichen schriftstellerischen Tätigkeit hegen außer einer Schrift gegen Origenes nur kleinere Teile vor (B. III 230 ff.). ↩
Eusebius von Emesa († um 359), ein Semiarianer, verfaßte eine größere Anzahl von Schriften, von denen nur Reste existieren (B. III 263 f). ↩
Über die Schriften des Triphyllius von Ledrä (Cypern) berichtet nur Hieronymus (De vir. ill. 92; B. III 303). ↩
Identisch mit dem Sophisten Asterius aus Kappadozien. Hier irrig Scythopolita genannt. Er fiel unter Maximinus in den Tagen der Verfolgung ab, kehrte aber wieder zur Kirche zurück. Athanasius bekämpfte ihn als Wortführer der Arianer. Seine Schriften (vgl. besonders De vir. ill. 94) sind untergegangen (B. III 122 f.). ↩
Sarapion von Thmuis (Ägypten), ein Freund des hl. Athanasius, erhielt wegen seiner feinen Bildung den Beinamen Scholasticus (De vir. ill. 99). Erhalten sind seine Schriften gegen die Manichäer und einige Briefe (B. III 98 ff.). ↩
Titus von Bostra (Arabien), ein Zeitgenosse Kaiser Julians, bekämpfte die Manichäer in vier uns überlieferten Büchern (B. III 269 ff). ↩
Basilius der Große, Bischof von Cäsarea (330—379). ↩
Entweder Gregor von Nazianz (329—387) oder Gregor von Nyssa (335—394), die Hieronymus während seines Aufenthaltes zu Konstantinopel kennengelernt hatte. ↩
Amphilochius (ca. 340 bis nach 394), Bischof von Ikonium, hinterließ eine Reihe von Schriften, die zum Teil erst in neuester Zeit ihm einwandfrei zugesprochen werden konnten. Sie behandeln vorzugsweise trinitarische Fragen (B. III 220 ff.). ↩
