6.
Ich komme nun zu Deinen beiden Fragen, ob man am Samstage fasten und die Eucharistie gemäß der Praxis der römischen und der spanischen Kirche täglich empfangen soll. Darüber hat ausführlich Hippolytus, ein sehr gelehrter Mann, geschrieben, 1 während andere Schriftsteller bei Gelegenheit die Auffassungen verschiedener Autoren erwähnen. 2 Ich persönlich halte es für richtig, kurz darauf aufmerksam zu machen, daß man die kirchlichen Überlieferungen, solange sie den S. b382 Glauben nicht gefährden, so innehalten soll, wie sie von unseren Vorfahren auf uns gekommen sind. Die Übung der einen Kirche soll nicht durch die entgegengesetzte Praxis einer anderen umgestoßen werden. O daß wir doch zu jeder Zeit fasten könnten! Fasteten doch die Apostel nach dem Zeugnis der Apostelgeschichte an den Pfingsttagen, und ein Gleiches lesen wir für den Sonntag vom Apostel Paulus und den Gläubigen, die mit ihm waren. 3 Deshalb haben sie aber durchaus nichts mit der Irrlehre der Manichäer gemein; 4 denn die fleischliche Nahrung muß vor der geistigen Nahrung zurücktreten. Die Eucharistie aber dürfen wir, falls wir uns nichts vorzuwerfen haben und frei von Gewissensbissen sind, immer empfangen; sagt ja doch der Psalmist: „Kostet und sehet, wie süß der Herr ist!“ 5 Mit ihm singen wir: „Mein Herz quillt über vom guten Worte.“ 6 Damit will ich keineswegs die Auffassung vertreten, daß man an den Festtagen fasten soll. Auch will ich keineswegs die auf fünfzig Tage bemessene zusammenhängende Festzeit abschaffen. Vielmehr bleibe jede Provinz bei ihrer Auffassung. 7 Die Vorschriften der Alten seien ihr apostolische Gesetze.
Zu dieser bis jetzt nicht aufgefundenen Schrift vgl. B. II 596 f. ↩
Die Stelle ist korrupt überliefert. ↩
Apg. 13, 2 f. Die alte Kirche pflegte an diesen Tagen wie auch an den 50 Tagen nach Ostern nicht zu fasten. ↩
Hieronymus will nicht den Manichäern gleichgestellt werden, die in der Materie und damit auch in der Speise etwas Böses sahen. ↩
Ps. 33, 9. ↩
Ebd. 44, 2. Verbum bonum = logos = der eucharistische Christus. ↩
Röm. 14, 5. ↩
