1.
Dem wahrhaft heiligen, vielgeliebten und ehrwürdigen Bischof Augustinus entbietet Hieronymus Heil im Herrn.
Den ehrenwerten Priester Orosius, meinen Bruder und Deinen geliebten Sohn, habe ich hier aufgenommen, wie Du es wünschtest und er es verdient. Aber er kam gerade in einer sehr schweren Zeit, in der es für mich besser gewesen wäre, zu schweigen als zu sprechen. 1 Daher mußte ich meine Studien ganz drangeben und mich, wie Appius sagt, in hündischer Beredsamkeit ergehen. 2 Deshalb war es mir bisher unmöglich, auf Deine zwei Büchlein, die Du mir gewidmet hast, und die sich durch Wissenschaftlichkeit und glänzende Sprache auszeichnen, zu antworten. Nicht als ob ich an ihnen etwas zu tadeln hätte; aber nach dem Worte des Apostels möge jeder von seiner Meinung völlig überzeugt sein, der eine so, der andere so. 3 Was immer zu sagen und mit Scharfsinn aus dem Quell der Hl. Schrift herauszuholen war, hast Du angeführt und durchgesprochen. S. b466 Aber ich bitte Euere Gnaden, mich vorläufig auf ein Lob Deines Scharfsinnes beschränken zu dürfen. Denn wir unterhalten uns, um uns gegenseitig zu belehren. Wenn aber unsere Gegner und vor allem die Irrlehrer feststellen, daß wir verschiedener Meinung sind, dann werden sie uns verleumden und den Gegensatz auf eine gehässige Einstellung zurückführen. Ich aber bin fest entschlossen, Dich zu lieben, zu achten, zu ehren und zu bewundern. Was Du vertrittst, will ich so verteidigen, als ob es meine Auffassung wäre. So habe ich auch selbstverständlich in dem neulich von mir veröffentlichten Dialog Dich gebührend hervorgehoben. 4 Wir wollen uns immer mehr bemühen, die verderblichste aller Irrlehren aus den Kirchen auszurotten, die immer Unterwürfigkeit heuchelt, damit es ihr möglich sei, innerhalb der Kirche ihre Lehren zu vertreten. Denn wenn sie sich in ihrem wahren Lichte zeigt, wird sie aus der Kirche ausgestoßen werden und erledigt sein.
