Siebenter Artikel. Das Gelübde wird ein feierliches durch die höheren Weihen unt durch die Profeß in einem Orden.
a) Das scheint nicht. Denn: I. Das Gelübde ist ein Gott gemachtes Versprechen. Also verhalten sich Äußerlichkeiten, wie alles das, was zur prunkvolleren Ablegung gehört, rein nebensächlich zu selbem. II. Was da für irgend etwas eine mehr oder minder zum Wesen gehörige Bedingung bildet, das muß sich überall finden, wo dieses Etwas ist. Viele Gelübde aber können bestehen, welche weder auf die höheren Weihen auf eine Ordensregel sich beziehen; wie das Gelübde, eine Pilgerfahrt unternehmen etc. Jene Feierlichkeit also, welche in der höheren Weihe und der Ordensprofeß liegt, ist keine irgendwie das Wesen des Gelübdes berührende Bedingung. III. Ein feierliches Gelübde will heißen: ein öffentliches. In manch' anderer Weise aber, wie in der genannten, kann irgend welches Gelübde öffentlich abgelegt werden. Auf der anderen Seite hindern derartige Gelübde die Abschließung einer Ehe und lösen die bereits geschlossene auf; das aber ist die Wirkung eines feierlichen Gelübdes. Also durch die höheren Weihen und die Ordensprofeß werden die betreffenden Gelübde feierliche.
b) Ich antworte, die Art der Feierlichkeit hänge von der betreffenden Sache ab. So ist eine andere Feierlichkeit diejenige, mit welcher der Eintritt in ein Kriegsheer gefeiert wird; und eine andere jene, mit der man die Abschließung einer Hochzeit feiert. Das Gelübde nun ist etwas Geistiges, ein Gott gemachtes Versprechen. Also seine Feierlichkeit wird erwogen nach etwas geistigem, d. h. nach einer besonderen geistigen Weihe oder nach einem besonderen Segen; und ein solcher Segen, eine solche Weihe kommt von den Aposteln her: 1. in der Profeß einer gewissen heiligen Regel (Dionys 2. de eccles.hierarch.); und 2. in der Zulassung zu den höheren Weihen der Diener des öffentlichen Kultus. Der Grund davon ist, weil solche Feierlichkeiten in Anwendung kommen, wenn jemand ganz und gar einer gewissen Sache, einem Berufe, sich widmet. So wird die Hochzeit mit kirchlicher Feierlichkeit umgeben, wann nämlich jeder der beiden Ehegatten dem anderen die Gewalt über seinen Körper giebt. Und so ist die Feierlichkeit des Gelübdes da, wenn jemand durch die Annahme der höheren Weihen sich ganz dem göttlichen Dienste widmet; und in der Ordensprofeß, wenn er durch verzicht auf die Welt und den eigenen Willen in den Stand der Vollkommenheit tritt.
c) I. Solche Feierlichkeit ist keine rein äußerliche, nämlich für die Menschen bestimmte, daß sie dieselbe sehen; sondern es ist eine geistige Weihe, deren Urheber Gott ist, obgleich der Mensch als der ausführende Diener dasteht, nach Num. 6.: „Sie werden meinen Namen anrufen über die Kinder Israel und ich werde sie segnen.“ Danach also hat das feierliche Gelübde eine schwerwiegendere Verpflichtung zur Folge bei Gott; und schwerer sündigt, wer es übertritt. Wenn demgemäß gesagt wird, das einfache Gelübde verpflichte nicht minder wie das feierliche; so ist dies dahin zu verstehen, daß in beiden Fällen mit der Übertretung eine Todsünde verbunden ist. II. Einzelne besondere Handlungen werden nicht mit einer gewissen Feierlichkeit umgeben, sondern das Eintreten in einen neuen Stand. Wenn jemand also einzelne besondere Tugendakte gelobt, wie Pilgerfahrten u. dgl., kommt solchen Gelübden keine besondere Feierlichkeit zu; sondern nur jenen Gelübden, kraft deren der Mensch sich ganz und gar dem göttlichen Dienste widmet. In diesen Gelübden sind jedoch viele einzelne besondere Werke enthalten. III. Die Öffentlichkeit von Gelübden kann denselben eine gewisse menschliche Feierlichkeit geben; aber nicht den geistigen Segen und die geistige Widmung, welche den besagten Gelübden innewohnt, wenn auch wenige dabei zugegen sind.
