Neunter Artikel. Über das Gelübde von Kindern, in einen Orden zu treten.
a) Kinder können ein solches Gelübde nicht machen. Denn: I. Zu einem Gelübde gehört Überlegung, welche Kindern mangelt, ebenso wie den schwachsinnigen. II. Was rechtmäßig in gültiger Weise gemacht ist, das kann nicht von einem anderen als ungültig erklärt werden. Das Gelübde aber eines unmündigen Kindes, in einen Orden zu treten, können die Eltern für ungültig erklären. Also kann ein Kind vor dem vierzehnten Jahre nicht gültigerweise ein Gelübde machen. III. Nach der Regel des heiligen Benedikt und dem Dekrete Innocenz' IV. wird denen, die in einen Orden treten, ein Probejahr bewilligt. Ungebührlich also ist es, daß Kinder geloben könnten, in einen Orden zu treten vor einem Probejahr. Auf der anderen Seite ist, nach 20 Qq. 2. can. Puella, das Gelübde eines solchen Kindes, in den Ordensstand zu treten, gültig, wenn es binnen einem Jahre nicht von den Eltern widerrufen wird. Was aber von vornherein ungültig ist, das bedarf keines Widerrufens, um ungültig zu werden.
b) Ich antworte, das feierliche Gelübde bestehe in einer gewissen Segnung und Weihe, welche durch die Diener der Kirche vollzogen wird, und bedarf deshalb der Gutheißung der Kirche. Das einfache Gelübde aber geht von der Überlegung des Geistes allein aus, kraft deren jemand sich verpflichten will. Eine solche Verpflichtung entbehrt nun in zweifacher Weise der gehörigen Kraft; 1. in den schwachsinnigen und rasenden, die den freien Gebrauch ihrer Vernunft nicht haben; und 2. in denen, welche unter der Gewalt anderer stehen. Beide Gründe kommen bei solchen Kindern zusammen, um ihren Gelübden die verpflichtende Kraft zu nehmen. Denn sie haben nicht die erforderte Überlegung und sind unter der Gewalt der Eltern. Es trifft sich jedoch in einzelnen, wenn auch seltenen Fällen, daß solche Kinder auf Grund ihrer Natur, die den menschlichen Gesetzen nicht unterworfen ist, eine vorzeitige Reife der Vernunft entfalten, da bleibt dann noch der zweite Grund, die Gewalt der Eltern, unter der sie stehen. So muß man also antworten: Haben Kinder unter vierzehn Jahren nicht die gehörige Reife der Vernunft, um zu überlegen, wozu eigentlich sie sich verpflichten, so können sie in keiner Weise ein verpflichtendes Gelübde ablegen. Besitzen sie solche Reife, so können sie geloben; aber die Eltern können ihr Gelübde für ungültig erklären. In jedem Falle aber kann ein Mensch vor dem vierzehnten Jahre sich nicht durch feierliches Gelübde verpflichten; wie dies die Kirche festgestellt hat. Nach dem mündigen Alter kann dies geschehen, auch ohne den Willen der Eltern.
c) I. Kinder, die noch nicht den Gebrauch der Vernunft haben, können kein gültiges Gelübde ablegen. II. Die Gelübde von untergebenen schließen stillschweigend immer diese Bedingung ein, daß sie vom Oberen nicht widerrufen werden. III. Hier handelt es sich um feierliche Gelübde.
