5.
Ich komme nun zu den Lateinern. Wer war gelehrter, wer scharfsinniger als Tertullian? Sein Apologeticum und seine Bücher gegen die Heiden zeugen von eingehender Kenntnis der weltlichen Wissenschaft. 1 Minucius Felix, der auf dem römischen Forum als Anwalt wirkte, hat in seinem Buche Oktavius und in dem anderen gegen die Mathematiker — vorausgesetzt, daß die Aufschrift den Verfasser richtig angibt — nichts S. b298 aus der heidnischen Literatur unerwähnt gelassen. 2 Arnobius hat 7 Bücher gegen die Heiden veröffentlicht 3 und ebenso viele sein Schüler Lactantius, 4 der außerdem 2 Bücher über den Zorn und über das Schöpfungswerk Gottes schrieb. Wenn Du sie lesen willst, dann wirst Du in ihnen einen Auszug aus Ciceros Dialogen wiedererkennen. Mag auch den Büchern des Märtyrers Viktorinus 5 die gründliche Gelehrsamkeit abgehen, so ist doch der Wille, wissenschaftlich zu sein, vorhanden. Mit welcher Knappheit, mit welch umfangreicher Geschichtskenntnis, mit welchem Glanz der Sprache, mit welchem Reichtum an Gedanken hat nicht Cyprian bewiesen, daß die Götzenbilder keine Götter sind! 6 Hilarius, ein Bekenner und Bischof aus meiner Zeit, nahm sich, was Stil und Zahl der Bücher angeht, den Quintilian zum Vorbild. 7 In einem kleinen Büchlein gegen den Arzt Dioskorus hat er verraten, wie sehr er in der Literatur zu Hause ist. Der Priester Juvencus, ein Zeitgenosse Konstantins, hat das Leben unseres Herrn und S. b299 Erlösers in Versen dargestellt und sich nicht gescheut, die Erhabenheit des Evangeliums unter die Gesetze der Metrik zu beugen. 8 Von den übrigen, die in ihren Schriften gezeigt haben, daß sie die profane Literatur gebrauchen konnten und gebrauchen wollten, will ich schweigen, mögen sie nun tot sein oder noch leben.
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Tertullian (geb. um 160) hinterließ im Apologeticum (197) eine Schutzschrift für die Christen. Eine solche sind auch die „libri contra gentes“, wie Hieronymus die 2 Bücher „ad nationes“ nennt. ↩
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Der Octavius lehnt sich an mehrere Schriften Ciceros (De natura deorum, De divinatione) und Senecas (De providentia, De superstitione) an (B. I 333). Über die Schrift „Contra mathematicos“, auch „De fato“ genannt (De vir. ill. 58), ist sonst nichts bekannt (B. I 342 f.). ↩
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Vgl. BKV II. Reihe XVI 184 Anm. 5. ↩
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Firmianus Lactantius, Lehrer der Beredsamkeit, schrieb außer De opificio dei und De ira dei die hier gemeinten 7 Bücher Divinae institutiones (alle erhalten). ↩
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Vgl. BKV II. Reihe XVI 184 Anm. 3. Viktorin hinterließ nur dürftige Reste, abgesehen von seinem Kommentar zur Apokalypse, von dem größere Teile erhalten sind (B. II 657 ff.). ↩
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Die Schrift „quod idola dii non sint“ ist eine Kompilation, die nicht von Cyprian stammen dürfte (B. II 474 f.). ↩
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Hilarius von Poitiers (315—367) verfaßte 12 Bücher De trinitate, an die hier gedacht ist (BKV II. Reihe V u. VI). Sein Vorbild (12 Bücher institutio oratoria) ist M. Fabius Quintilianus, ein Schriftsteller aus der 2. Hälfte des 1. Jahrhunderts. Die Schrift an den Arzt Dioskorus ging verloren. ↩
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Der spanische Priester G. Vettius Aquilinus Juvencus verfaßte eine Evangelienharmonie in Hexametern, die sich in der poёtischen Diktion an die großen Dichter des alten Rom anlehnt (B. III 429 ff.). ↩