16. Callistus I. (218 – 222)
(Callistus, Callixtus, bisweilen mit dem Beinamen Domitius, v. J. 218 [nach And. 217] — 14. Oct. 222.) 1 S. 309 Wenig und Unsicheres wußten wir über das Wirken dieses Papstes bis zu der durch Emanuel Miller im J. 1851 in Orford geschehenen Publicirung einer wenige Jahre vorher durch den griechischen Gelehrten Mynoides Mynas entdeckten griechischen Handschrift mit der Aufschrift: „Widerlegung aller Häresien;"2 daß dieses Werk den Origenes, welchem der erste Herausgeber es zuschrieb, nicht zum Verfasser habe, war alsbald den Gelehrten klar und gilt jetzt als Verfasser desselben fast allgemein und sicher der gelehrte Hippolyt, römischer Priester und zeitweiliger Gegenpapst; dieses Werk 3nun enthält (im 11. u. 12. Cap. des 9. Buches) die älteste (weil gleichzeitige) Geschichte des Papstes Callistus, allerdings von dem geschworenen Gegner desselben böswillig entstellt und verunstaltet, doch so, daß es den Gelehrten4nicht unmöglich war, das Wahre herauszufinden und uns auf diese Weise ein ziemlich klares und vollständiges Bild von der großartigen Thätigkeit des Papstes Callistus zu entwerfen. Was wir demnach aus dieser Quelle erfahren, ist Folgendes: Callistus schloß alsbald nach seiner S. 310 Erhebung zum päpstlichen Stuhle den Sabellius aus, da seine Lehre verwerflich sei, hielt aber ebenso entschieden dem Hippolyt und dessen Anhängern ihren Irrthum vor und erklärte öffentlich: sie seien Ditheisten; da Hippolyt, welcher schon unter Zephyrinus in Callistus seinen Feind (vielleicht auch seinen Nebenbuhler) bekämpfte und die Verwerfung seiner Lehre mit der Anerkennung des Patripassianismus identificirte, sich durchaus nicht fügte, scheint er jedenfalls vom Papste ausgeschlossen, von den Seinigen aber zum Bischofe und so zum Gegenpapste gewählt worden zu sein; nunmehr galt es, auf jede Weise sich als den Bischof der wahren Kirche nicht nur in Rom, sondern auch in den übrigen Kirchen zur Anerkennung zu bringen, seinen Gegner Callistus aber als das Haupt einer Secte oder Schule, als Häretiker und Zerstörer der Disciplin und Sitte hinzustellen. Wie wenig ihm aber Dieß gelungen ist, zeigt die Thatsache, daß nach wenigen Jahren das ganze Schisma spurlos verschwunden war; aber aus der einseitigen, von blinder Parteileidenschaft dictirten Schilderung des Papstes leuchtet dessen entschiedene und klare Haltung im Glauben und das ebenso kluge als richtige Verfahren in disciplinären Angelegenheiten heraus. Dem Patripassianismus des Noëtus und Sabellius, sowie dem Subordinationismus und Ditheismus des Hippolyt gegenüber hat Papst Callistus das katholische Dogma von der Trinität und der Incarnation, genauer gesagt: von der Wesenseinheit des Vaters und Sohnes und von der Vereinigung der göttlichen und menschIichen Natur in der göttlichen Person Christi, mit solcher Entschiedenheit und Klarheit entwickelt, wie sie die großen morgenländischen Concilien erst Jahrhunderte später nach langen und verwickelten Unterhandlungen definirten, zum Beweise, daß Petri Nachfolger durch Gottes Anordnung die treuen Behüter der reinen Lehre sind, und zur Erklärung der Thatsache, daß einzelne Bischöfe wie ganze Synoden in Angelegenheiten des Glaubens in Rom Aufklärung suchten und das von dort kommende Urtheil wie aus Petri Munde aufnahmen. S. 311
Die Kirche feiert sein Fest am 14. Oct. ↩
Eine kurzgefaßte Geschichte des Hippolyt und seiner Werke ist m Wetzer und Welte, Kirchenlexicon V. S. 210 ff. u. bes. XII S. 569 ff. ↩
Erschien seither unter dem obigen Titel oder „Philosophumena“ in 2 Ausgaben von Duncker in Göttingen 1859 und von Cruce in Paris 1860, beiderseits mit der lat. Version. ↩
Zuerst Döllinger im oft cit. Werke: Hippolyt und Callistus, Regensburg 1853, nach ihm Hagemann, Römische Kirche. ↩
