2. Zum zweiten Briefe an Philemon gehörig.
a) Göttliche Vision des Dionysius über das Lesen häretischer Schriften.
[In dem Briefe an den römischen Priester Philemon, welcher von den über die Taufe von ihm geschriebenen Briefen der dritte ist, berichtet derselbe Dionysius Folgendes:] Ich aber gerieth (zufällig) auf die Schriften und Überlieferungen der Häretiker und befleckte zar auf kurze Zeit meine Seele mit den gottlosen Meinungen derselben, zog aber doch Nutzen aus ihnen, dadurch daß ich sie bei mir selbst widerlegte und vielmehr verabscheute. Als aber ein Bruder unter den Priestern mich davon abhielt und befürchtete, daß ich durch den Unflath ihrer Schlechtigkeit angesteckt2 werde, denn er behauptete, daß meine Seele (davon) befleckt werden würde und zwar mit Recht, wie ich es selbst bemerkte, da ermuthigte mich ein mir von Gott geschicktes Gesicht, und eine an mich gerichtete Rede befahl mir ausdrücklich: mache dich mit Allem bekannt, was immer du in die Hände bekommst, denn du bist geeignet, Alles zu verbessern und zu prüfen, und so wurde Dieß für dich Anlaß und Ursache des Glaubens. Dieses Gesicht nahm ich an als übereinstimmend mit dem S. 415 apostolischen Worte, welches den geistig Stärkeren sagt: Seid tüchtige Wechsler.3 b) Wie sein Vorgänger Heraklas mit den Convertiten verfuhr.
[Hierauf, nachdem er Einiges über alle Häresien eingeschaltet, fährter fort:] Diese Regel und Norm habe ich von unserem seligen Papa Heraklas überkommen. Denn Diejenigen, welche von den Häresien (zur Kirche) kamen, wenn sie auch von der Kirche abgefallen waren, umso mehr, wenn sie nicht abgefallen waren, sondern, obwohl sie sich (mit den Gläubigen) mitzuversammeln4 schienen, als Schüler eines der falschen Lehrer angegeben wurden,5 nahm er, nachdem er sie aus der Kirche ausgeschlossen, trotz ihrer Bitten nicht früher auf, bis sie Alles, was sie von den Gegnern gehört hatten, öffentlich und genau erzählten; und dann nahm er sie auf, ohne eine zweite Taufe derselben für nöthig zuhalten; denn S. 416 sie hatten die heilige Taufe6 schon früher von ihm empfangen.
c)Nicht nur die Africaner, sondern schon früher haben zahlreiche Synoden in Iconium und Synada die Wiedertaufe der Häretiker angeordnet.
[Nachdem er abermals diese Frage weitläufig erörtert hat, schließt er also:] Auch das habe ich erfahren, daß nicht erst jetzt die Africaner allein Dieß7 einführten, sondern daß schon viel früher von den Bischöfen vor uns in den volkreichsten Kirchen und auf den Synoden der Brüder in Iconium und Synnada und von Vielen Dieß beschlossen wurde. Deren Beschlüsse zu widerlegen8 und dadurch Jene in Streit und Hader zu stürzen, wage ich nicht; denn es heißt: „Verrücke nicht die Grenzen deines Nachbars, welche deine Väter gesetzt haben." 9
Eus. H. E. VII. 7; diesen Brief sowie den folgenden an den römischen Priester Dionysius hat Dionysius von Alex. höchst wahrscheinlich zugleich mit dem obigen an den Papst Sixtus abgeschickt, weil er derselben in dem an Sixtus gerichteten Schreiben erwähnt, wohl deßhalb, damit sie sich gegenseitig den Inhalt der Briefe mittheilen. ↩
Nach der Lesart συμφύρεσθαι, eig. zusammenkneten; eine andere Lesart ist συμφέρεσθαι, zustimmen. ↩
Diese Worte sind in keinem apostolischen Briefe enthalten; Origenes (tom. 19 in Evang. Johann.) und Hieronymus (ep. ad Minervium et Alexandrum) erklären dieselben ausdrücklich als Gebot Christi und sagen, daß Paulus in dem Briefe an die Thessalonicenser mit diesem Ausspruche Christi übereinstimme; auch Cyrillus von Jerusalem citirt sie am Ende seiner 6. Cathechese. Usserius (Prolegom. in ep. S. Ignatii c. 8), glaubt, daß dieser Satz als Christi Ausspruch dem Evangelium „secundum Hebraeos“ entnommen sei und Valesius in seiner Erklärung zu dieser Stelle bei Eusebius stimmt ihm bei. Rufinus aber hat in seiner Übersetzung des Eusebius dieselben durch die Worte 1. Thessal. 5. 21 ersetzt: „Alles aber prüfet; was gut ist, behaltet,“ welche aber denselben Sinn geben wie: „Seid tüchtige Wechsler“, die gutes und falsches Geld wohl zu unterscheiden wissen. ↩
BeimGottesdienste. ↩
Dionysius unterscheidet hier zwei Classen der Convertiten, erstens förmliche Apostaten und zweitens Solche, die äusserlich und dem Scheine nach in der Kirche blieben, in Wirklichkeit aber Häretiker und falsche Brüder waren; alle diese nahm Heraklas auf, ohne sie zu taufen, weil sie die Taufe schon früher in der Kirche empfangen hatten; von Solchen, die früher nie der Kirche angehörten, weil sie entweder in der Häresie geboren wurden oder aus dem Heiden- oder Judenthume unmittelbar sich einer Seite anschlossen, ist hier gar keine Rede. ↩
Im Texte steht τοῦ ἁγίου πνεύματος ... τετυχήκεσαν; Balesius bemerkt hierzu, daß das Wort πνεύματος nur in einem Codex stehe, in den übrigen aber fehle, und zieht diese Lesart deßhalb vor, wel man nach dem Contexte zu ἁγίου ergänzen muß Βαπτίσματος und sich so ein besserer Sinn ergibt; denn unter ἁγίου πνεύματος mußte man ohnehin auch die Taufe verstehen. ↩
Nemlich die Wiedertaufe häretischer Convertiten. ↩
Oder umzustoßen (ἀνατρέπων). ↩
Deuter. 19, 14. ↩
