6.
Sie begannen, seinen rechten Daumen abzuschneiden. Hernach öffnete er den Mund und sprach: S. 155 „Erlöser der Nazarener, nimm den Baumzweig in Erbarmen an. Denn wenn er auch durch die Hand der Winzer abgeschnitten wurde, so kommt doch der Frühling, da er Frucht bringt und gekrönt wird„1. Der mit seiner Hinrichtung beauftragte Kommissär weinte und sprach zu dem Seligen: „Genug ist es für dich, daß dir ein Finger abgeschnitten wurde. Wenn du willst, wirst du durch Arzneien geheilt; nur möge dieser dein zarter Leib nicht zugrunde gehen. Du hast Reichtümer; gib sie den Armen und du wirst deiner Seele durch Almosen Leben geben. Nur (sieh zu, daß) du lebest und nicht sterbest.“ Der Herrliche öffnete den Mund und sprach: „Lernst du nicht vom Weinstock, daß er, wenn er zugeschnitten wird, nackt steht wegen des Winters. Wenn aber der Frühling kommt, glänzt er noch mehr in seiner Schönheit. Wenn aber bei dem vergänglichen Weinstock solcher Wechsel stattfindet, um wieviel mehr treibt und wächst dann der gläubige Mensch, der in den Weinstock der Wahrheit gepflanzt ist, durch die Hand Gottes, des Bebauers des Weinbergs.„ — Darauf schnitt man ihm den Zeigefinger ab und der Selige rief: „Mein Herz freut sich im Herrn und meine Seele frohlockt in seinem Heile.“ Und er fuhr fort: „Herr, nimm den zweiten Zweig von dem Baume, den Dein Befehl gepflanzt.„ Und sein Angesicht war freudig und lachend, als hätte er bereits die Herrlichkeit des Herrn gesehen. — Darauf schnitt man ihm den Mittelfinger ab und der Herrliche rief: „Mit den drei (Jünglingen) im Ofen will ich dem Herrn aus ganzem Herzen bekennen und in der Schar aller Zeugen will ich Deinem erhabenen Namen lobsingen.“ — Da schnitt man ihm den Ringfinger ab und er sprach: „Auf dem vierten der zwölf Söhne Jakobs ruhte der Segen des Königs, Christi; deshalb will auch ich durch den vierten Zweig den bekennen, durch dessen Segen allen Völkern Erlösung wurde„2. S. 156 — Da schnitt man ihm den kleinen Finger ab und er füllte seinen Mund mit Lob und sprach: „Durch die fünf Finger der rechten Hand meines Baumes sollen dem Pflanzer meines Baumes Früchte gebracht werden.“ — Da begannen sie, die Finger der linken Hand abzuschneiden und sprachen: „Was sagst du? Du sollst leben, wenn du dem König den Willen tust. Schone dein Leben, damit nicht deine Glieder einzeln abgeschnitten werden, während du zusiehst. Denn bei dem Schmerz über jedes Glied, das dir abgeschnitten wird, kostest du den Tod.„ Der Herrliche sprach: „Wenn man ein Schaf schert, schert man es dann ringsherum, oder schert man bloß seine rechte Seite und läßt die linke übrig? Wenn man ein Schaf wegen der wertlosen und im Übermaß vorhandenen Wolle so eifrig schert, daß keines entkommt und die Scherer in ihrer Tätigkeit nicht nachlassen, wieviel mehr geziemt es mir, den lebendigen Gott zu loben und zu bekennen, in dessen Herde ich ein Schaf bin, daß er mich, den Geringen, gewürdigt, vor die Scherer gebracht zu werden, wie das Lamm Gottes, um dessentwillen ich in all diesen verschiedenen Todesarten geopfert werde, in die Hände der Kreuziger (gegeben wurde).“
Als dem Märtyrer Jonas alle Finger und Zehen abgeschnitten waren, spotteten die „Archimagier“: „Sieh, wie wir jetzt deine Finger auf die Erde verstreut haben; warte, daß die Erntezeit kommt und dir viele Finger hervorbringt.„ Bedjan, II, 48f.; Delehaye, S. 38. ↩
Warda: „Von den zweimal sechs Söhnen Jakobs kam auf den vierten der vollkommene Segen.“ Juda, der vierte Sohn Jakobs und der Lia ist Stammvater Davids und Christi. ↩
