8.
Wenn sie nun deswegen, weil er einige Stellen aus der göttlichen Schrift in die Thalia aufgenommen S. 27 hat, auch seine Gotteslästerungen für Lobpreisungen halten, so werden sie wohl jedenfalls, wenn sie die jetzt lebenden Juden das Gesetz und die Propheten lesen sehen, deshalb auch mit jenen Christum leugnen. Und wenn sie etwa auch die Manichäer einige Abschnitte aus den Evangelien verlesen hören, so werden sie mit ihnen das Gesetz und die Propheten zurückweisen müssen1. Wenn sie aber aus Unwissenheit sich so erhitzen und derlei Zeug schwatzen, so mögen sie aus der Schrift lernen, daß auch der Teufel, der Erfinder der Irrlehren, wegen des der Bosheit eigenen üblen Geruchs Stellen aus der Schrift verwertet, um, durch sie gedeckt, sein Gift auszusäen und die Arglosen zu hintergehen. So betrog er Eva, so schuf er auch die andern Häresien. So riet er auch jetzt dem Arius, gegen die Häresien zu reden und sich wohl in die Brust zu werfen, um so seine eigene Häresie unbemerkt einzuschmuggeln. Gleichwohl blieb der Verschmitzte auch so nicht verborgen. Denn da er gegen das Wort Gottes frevelte, fiel er alsbald von allem ab, und allen ist es kund geworden, daß er auch in den andern Dingen unwissend war, und daß er, ohne irgendwie es auf die Wahrheit abzusehen, sich nur verstellt. Denn wie könnte der über den Vater die Wahrheit verkünden, der den Sohn leugnet, der über ihn Aufschluß gibt? Oder wie wird er vom Geiste eine richtige Vorstellung haben, wenn er doch das Wort schmäht, das ihn mitteilt? Wer wird ihm Glauben schenken, wenn er von der Auferstehung redet, wenn er Christum leugnet, der unsertwegen „der Erstgeborene von den Toten“ geworden ist2? Wie wird der, welcher die echte und wahrhafte Zeugung des Sohnes aus dem Vater ganz und gar nicht kennt, nicht auch bezüglich seiner Erscheinung im Fleische im Irrtum befangen sein? Denn so verloren auch die damaligen Juden, die das Wort nicht anerkannten und sprachen: „Wir haben S. 28 keinen König als den Kaiser“3, alles zumal: sie sind verlustig gegangen des Lichtes der Lampe, des Wohlgeruchs der Salbe, der prophetischen Erkenntnis, ja der Wahrheit selbst, und jetzt wandeln sie in völliger Unkenntnis im Dunkeln herum. Denn wer hätte jemals etwas Derartiges vernommen? Oder woher und von wem haben die bestechlichen Schmeichler der Häresie4 solches gehört? Wer hat ihnen, als sie im Glauben unterrichtet wurden, Ähnliches gesagt? Wer hat sie gelehrt: „Ihr, die ihr die Anbetung der Kreatur aufgegeben habt, wendet euch wieder hin zur Kreatur und dem Geschöpf, um es anzubeten?“ Wenn sie aber auch selbst es zugeben müssen, erst jetzt solche Dinge gehört zu haben, so sollen sie nicht bestreiten, daß diese Häresie ein fremdes Gewächs ist und nicht von den Vätern stammt. Was aber nicht von den Vätern stammt, sondern erst jetzt aufgebracht wurde, was wäre das anderes als was der selige Paulus vorausgesagt hat: „In den späteren Zeiten werden manche vom gesunden Glauben abfallen, indem sie irreführenden Geistern und Lehren der Dämonen Gehör schenken, solchen, die in Heuchelei Lügen reden, die in ihrem Gewissen gebrandmarkt sind5 und die Wahrheit von sich weisen“6.
Faustus [in August, contra Faust. lib. 11 c. 1] anerkannte die Evangelien, doch nur mit Auswahl, z. B. ohne die Genealogien, ohne die Berichte über Jesu Geburt, Beschneidung u. a. [lib. XXXII c. 6]. Er bestritt auch die traditionelle Autorschaft der Evangelien [lib. XXXII c. 2]. ↩
Kol. 1,18. ↩
Joh. 19,15. ↩
Die Arianer haben, um Anhang zu gewinnen, an Bestechung es nicht fehlen lassen. Der hl. Hilarius schreibt [contra Const. imp. c 10] von der Bestechung, die Konstantius den Arianen zubilligte. Die „bestechlichen Schmeichler“ waren wohl solche, die zwar nicht offen zum Arianismus sich bekannten, aber durch Geschenke sich soweit dir ihn gewinnen ließen, daß sie ihn wenigstens nicht, verurteilen oder die später in den Verfolgungen gegen die Anhänger des Nizänums durch Nachgiebigkeit in ihren Stallungen sich behaupteten. Athanasius hat hier wohl speziell die Eusebianer [vgl. c. 22] im Auge, die versteckten Parteigänger des Arius ↩
1 Tim. 4,1f. ↩
Tit. 1,14. ↩
