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Und wenn es wieder heißt: „Er ist Bürge geworden“, so ist seine Bürgschaft für uns gemeint. Denn wie er, da er Wort war, Fleisch wurde, und wir das „werden“ auf das Fleisch beziehen, — denn dieses ist entstanden und geschaffen, — so steht auch hier das „er ist geworden“, damit wir es im zweiten Sinne auffassen, weil er ja Mensch geworden ist. Und erkennen sollen die Streitliebenden, daß sie auch hier bei ihrer Böswilligkeit nicht verharren können, und hören sollen S. 106 sie, daß Paulus, der weiß, daß er Sohn, Weisheit, Abglanz und Bild des Vaters ist, nicht seine Wesenheit als geworden bezeichnet, sondern hier das Werden auf den Dienst des Bundes bezieht, durch den der Tod, der einst die Herrschaft geführt hat, vernichtet wurde. Denn auch insofern ist sein Dienst vorzüglicher geworden, als Gott, „was dem Gesetze unmöglich war, weil es durch das Fleisch geschwächt ward, seinen Sohn in der Ähnlichkeit des Fleisches der Sünde sandte, und wegen der Sünde die Sünde im Fleische verdamme“1, und so es vom Vergehen befreite, indem es beständig gefangen gehalten wurde, so daß es den göttlichen Geist nicht aufnehmen konnte. Indem er aber das Fleisch für die Aufnahme des Wortes empfänglich machte, bewirkte er, daß wir nicht mehr nach dem Fleische wandeln, sondern nach dem Geiste und oft sagen: „Wir sind nicht im Fleische, sondern im Geiste“, und: „Der Sohn Gottes kam in die Welt, nicht damit er die Welt richte, sondern damit er alle erlöse und die Welt durch ihn gerettet werde“2. Denn damals wurde die Welt wie ein Schuldiger vom Gesetze gerichtet. Nun aber nahm das Wort das Gericht auf sich, litt im Leibe für alle und schenkte allen das Heil. Im Hinblick darauf rief Johannes aus: „Das Gesetz wurde durch Moses gegeben, die Gnade und die Wahrheit aber ist uns durch Jesus Christus geworden“3. Vorzüglicher aber als das Gesetz ist die Gnade und als der Schatten die Wahrheit.
