7.
Wer aber seinen Glauben auf die Wahrheit des Evangeliums stützt, der erkennt, dass es ebenso wenig eine Beleidigung Christi aus dem Mund des Moses ist, wenn er sagt, dass Christus verflucht sei – ein Fluch, der ja nicht die Göttlichkeit seiner Majestät berührt, sondern jenen Zustand der Strafe, den er von uns angenommen hat und aufgrund dessen er ans Kreuz geschlagen wurde –, sowenig es ein Lob Christi aus dem Mund der Manichäer ist, wenn sie bestreiten, dass er einen sterblichen Leib besessen habe, in dem er den wirklichen Tod erleiden konnte, da ja aus dem Fluch des Propheten das Lob der Selbsterniedrigung erkennbar ist, aus der scheinbaren Ehrbezeugung der Häretiker dagegen der Vorwurf der Falschheit entgegenschlägt. Wenn du also leugnest, dass Christus verflucht wurde, leugne gleich auch, dass er gestorben ist! Wenn du aber seinen Tod leugnest, dann kämpfst du nicht mehr gegen Moses, sondern gegen die Apostel. Wenn du dagegen bekennst, dass er gestorben ist, bekenne auch, dass er die Strafe für unsere Sünde auf sich genommen hat, ohne unsere Sünde begangen zu haben (405,25)! Wenn du nun das Wort Sündenstrafe hörst, nimm an, dass diese entweder aus einem Segenswunsch oder aus einem Fluch hervorgeht. Wenn die Sündenstrafe aus einem Segenswunsch hervorgeht, kannst du dir nur wünschen, für immer unter der Sündenstrafe zu leben; wenn du dagegen wünschst, von ihr befreit zu werden, musst du annehmen, dass sie durch die Gerechtigkeit des göttlichen Urteils aus einem Fluch hervorgegangen ist. Bekenne also mit dem Bekenntnis, dass Christus für uns gestorben ist, dass er den Fluch für uns auf sich genommen hat, und dass Moses mit seinem Satz (deut. 21,23): Verflucht ist ein jeder, der am Holz hangen wird nichts anderes ausdrücken wollte als dass am Holz hängen soviel bedeutet wie sterblich sein und sterben. Er hätte nämlich formulieren können: Verflucht ist jeder, der sterblich ist, oder: Verflucht ist jeder, der stirbt. Genau das aber ist es, was der Prophet zum Ausdruck bringen will, da er ja wusste, dass der Tod Christi am Kreuz hangen wird, und dass es Häretiker geben wird, die behaupten werden: Er hing zwar am Kreuz, aber nur in einer Scheingestalt, nicht um wirklich zu sterben. Mit dem Ausruf: Verflucht! rief er also nichts anderes aus als dass Christus wirklich gestorben ist, da er wusste, dass der Tod des sündigen Menschen, den Christus, selber ohne Sünde (405,25), auf sich genommen hat, von jenem Fluch ausging, der lautete (cf. Gen. 3,3): Wenn ihr daran rührt, werdet ihr des Todes sein. In diesen Zusammenhang gehört auch jene Schlange, die an einer Stange hing (cf. Num. 21,9), welche sinnbildhaft ausdrücken sollte, dass Christus keinen unechten Tod vorgetäuscht hat, sondern jenen echten Tod ans Kreuz seines Leidens hängte, in den jene Schlange den Menschen durch ihren üblen Rat gestürzt hat (cf. Gen. 3). Auf diesen echten Tod wollen die Manichäer nicht blicken, und werden so vom Gift der Schlange nicht geheilt, anders als damals in der Wüste, wo alle geheilt wurden, die zu jener Schlange aufblickten (cf. Num. 21,9).
