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Wenn ihr nun aber schon das Fleisch als Nahrung ablehnt, warum schlachtet ihr nicht wenigstens die Tiere als Opfergaben für euren Gott, um so deren Seelen, die ihr nicht nur für menschlich, sondern sogar für göttlich, ja für Glieder eures Gottes hält, aus dem Gefängnis des Fleisches zu befreien, und sie euren Gebeten anzuvertrauen, um ihnen so die Rückkehr ins Fleisch zu ersparen? Oder ist etwa die Hilfe eures Bauches wirksamer als die eures Herzens, wird die Natur eures Gottes eher gerettet, wenn sie damit beehrt wird, aus euren Eingeweiden herausgepustet zu werden, als wenn ihr die Empfehlung eurer Gebete zuteil wird? Dies also ist der Grund, warum ihr eurem Bauch kein Vieh opfert, weil ihr es nicht lebendig herunterschlucken könnt, um so seine Seele durch die Fürsprache eures Magens zu befreien. O glückseliges Gemüse, dem es, auch wenn es mit der Hand aus dem Boden gerissen, mit dem Messer zerkleinert, auf dem Feuer gemartert, vom Zahn zerrieben wurde, immer noch vergönnt ist, lebend zu den Altären eurer Eingeweide zu gelangen! O erbarmungswürdiges Vieh, das allzu schnell seinen eigenen Körper verlässt, und deshalb nicht in euren Körper eintreten kann! Solchen Unsinn gebt ihr zum besten und glaubt dazu noch, wir seien Feinde des Alten Testamentes, weil wir keine Fleischart als unrein bezeichnen (284,17), womit wir uns an den Satz des Apostels halten (Tit. 1,15): Den Reinen ist alles rein, und auch an jenes Wort des Herrn (Mt. 15,11; Mk. 7,15): Nicht was in euren Mund hineinkommt, macht euch unrein, sondern was herauskommt. Und der Herr sagte dies nicht nur zur Volksmenge – wie es euer Adimantus, dem Faustus den Ehrenplatz nach Mani einräumt (cf. 252,2), gern verstanden hätte, als er gegen das Alte Testament loszog – sondern drückte, fernab von der Volksmenge, den gleichen Gedanken, vor seinen Jüngern noch klarer und einprägsamer aus (cf. Mt. 15,17;Mk. 7,17). Als nämlich Adimantus (c.Adim. 14 f.) diese Aussage des Herrn dem Alten Testament entgegensetzte – dort heisst es ja, dass gewisse Fleischarten unrein seien, deren Genuss jenem Volk untersagt war –, befürchtete er, dass man ihm entgegenhalten könnte: ‘Aber warum betrachtet ihr dann nicht nur gewisse, sondern sogar sämtliche Fleischarten für unrein, und verzichtet auf jeglichen Fleischgenuss, wo du doch selber das Zeugnis des Evangeliums zitierst, dass der Mensch nicht davon unrein wird, was in seinen Mund eintritt, zum Magen wandert und in die Kloake entsorgt wird (cf. Mt. 15,11; Mk. 7,15)?’. Beim Versuch, diesem bedrohlichen, sein Falschspiel mit der offensichtlichen Wahrheit erstickenden Würgegriff zu entkommen, sagte er daher, der Herr habe das nur zur Volksmenge gesagt, als ob es seine Art wäre, einigen wenigen in der Abgeschiedenheit die Wahrheit zu sagen, in der Volksmenge aber mit Lügen um sich zu werfen; dabei ist es schon Gotteslästerung, dies dem Herrn auch nur zuzutrauen, und alle, die die Stelle lesen, wissen, dass er dasselbe seinen Jüngern noch deutlicher sagte, nachdem die Volksmenge sich entfernt hatte. Da nun Faustus in der Einleitung seiner Schrift den Adimantus so tief bewundert, dass er ihm einzig Mani noch vorzieht, stelle ich kurz und einfach die Frage, ob jenes Wort des Herrn (Mt. 15,11; Mk. 7,17), dass der Mensch nicht unrein wird durch das, was in seinen Mund kommt, wahr oder falsch ist. Wenn es nach Meinung der Manichäer falsch ist, warum hat es dann ihr so bedeutender Lehrer Adimantus als Aussage Christi erwähnt und dem Alten Testament entgegengehalten, um dieses in die Knie zu zwingen? Wenn das Wort aber wahr ist, warum glauben sie dann im Widerspruch dazu, dass sie von jedwedem Fleischgenuss unrein werden? Aber vielleicht sind sie ja bereit, die wahre Antwort zu geben, die lauten müsste, dass der Apostel nicht gesagt hat: Den Häretikern ist alles rein, sondern den Reinen ist alles rein (Ti. 1,15). Warum nämlich diese Speisen für die Häretiker nicht rein sind, erklärt der selbe Apostel, indem er fortfährt (Ti. 1,15): Für die Unreinen aber und die Ungläubigen ist nichts rein; befleckt ist auch ihr Denken und ihr Gewissen. Und in der Tat ist den Manichäern überhaupt nichts rein, behaupten sie doch, dass selbst die Substanz oder Natur ihres Gottes nicht nur verunreinigt werden konnte, sondern zum Teil tatsächlich verunreinigt wurde, dass sie nicht nur verunreinigt wurde, sondern nicht einmal mehr in all ihren Teilen aus dem Schmutz herausgelöst und gereinigt werden kann. Daher berührt es seltsam, dass sie so deutlich erklären, sämtliche Fleischarten für unrein zu halten, und deshalb auf ihren Genuss zu verzichten, als ob sie, nicht nur bei den Speisen sondern bei allen geschaffenen Dingen, irgend etwas für rein hielten. Denn sogar das Gemüse, das Obst, sämtliche Feldfrüchte, und die ganze Erde und den Himmel erklären sie für verunreinigt durch die Vermischung mit dem Volk der Finsternis. O würden sie doch auch bei allen andern Nahrungsmitteln ihrem Irrglauben gemäss handeln, und Hungers sterben, indem sie auf all das verzichten, was sie für unrein halten, statt hartnäckig weiter solche Blasphemien zu verbreiten! Wem würde nicht einleuchten, dass dies für sie vorteilhafter wäre, da sie ja nicht bereit sind, ihren Irrweg zu verlassen und sich zu bessern!
