3.
Wenn daher die Manichäer durch die Auferstehung des Herrn gerechtfertigt wären – der Tag der Auferstehung war der dritte seit dem Tag des Leidens, nach dem Sabbat aber, d.h. nach dem siebten Wochentag, war es der achte Tag –, wären sie gewiss von jener fleischlichen Hülle irdischer Begehrlichkeiten befreit, und sie würden, voller Freude über die Beschneidung des Herzens, ihren Spott auf jene Beschneidung, die in der Zeit des Alten Testamentes als Schattenbild und modellhaft am Fleisch vollzogen wurde, aufgeben, ohne anderseits erzwingen zu wollen, dass sie nun auch in der Zeit des Neuen Testaments als Ritual durchgeführt wird. Gibt es im übrigen ein Körperglied, an dem die Befreiung von fleischlicher und irdischer Begierde angemessener modellhaft dargestellt werden könnte, als jenes, aus dem die fleischliche und sterbliche Leibesfrucht hervorgeht? Nun sagt aber der Apostel (Ti. 1,15): Alles ist rein für die Reinen; für die Unreinen aber und die Ungläubigen ist nichts rein; befleckt ist auch ihr Denken und ihr Gewissen. Daher sind diese Menschen da, die sich so überaus rein vorkommen, eben dadurch, dass sie sich von jenem Glied als etwas Unreinem voller Ekel abwenden, oder wenigstens vorgeben, dies zu tun, so tief in den Morast des Unglaubens und Irrtums hineingeraten, dass sie, während sie die Beschneidung des Fleisches verabscheuen, welche doch der Apostel (Rm. 4,11) als Siegel der Glaubensgerechtigkeit bezeichnete, umgekehrt daran glauben, dass die göttlichen Glieder ihres eigenen Gottes in eben diesem fleischlichen Glied, gefesselt und verunreinigt, festgehalten werden; dadurch, dass sie das Fleisch als etwas Unreines bezeichnen, sind sie also gezwungen, auch ihren Gott zu jenem Teil, zu dem er in diesem Fleisch festgehalten wird, als verunreinigt zu bezeichnen; jedenfalls behaupten sie, dass er eine Reinigung benötigt. Bis diese allerdings stattfinde, soweit sie überhaupt möglich sei, müsse er jetzt all das erfahren, was die fleischlichen Wesen erfahren, nicht nur in der Mühsal und im Schmerz der Bedrängnis, sondern auch in den Lüsten der Unmoral. Aus Rücksicht auf ihn, wie sie behaupten, verzichten sie denn auch auf den Beischlaf, damit er sich nicht noch enger in den Fesseln des Fleisches verwickelt und noch tiefer verschmutzt wird. Wenn also der Apostel sagt (Ti. 1,15): Alles ist rein den Reinen, und natürlich von den Menschen spricht, die sich doch durch die Verdorbenheit ihres Willens zum Schlimmern hin wandeln können, wie viel mehr ist dann für Gott alles rein, der für immer unwandelbar und unbefleckbar bleibt, über dessen Weisheit in jenen Büchern, mit deren Kritik ihr euch selber ganz gründlich befleckt, wunderbar gesagt ist (sap. 7,24 f.), dass nichts Beflecktes in sie eindringt, und dass sie überall hingelangt in ihrer Reinheit. Warum denn, du gewissenloses Lügengerede, missfällt dir einerseits so sehr, dass nach dem Willen jenes Gottes, für den alles rein ist, als Sinnbild der menschlichen Wiedergeburt jenes menschliche Glied eingesetzt ist, durch das das menschliche Geschlecht fortgepflanzt wird, und gefällt es dir anderseits, dass ausgerechnet euer Gott, dem doch nichts rein ist, durch die Obszönitäten, welche schamlose Menschen mit jenem Glied begehen, in einem Teil seiner Natur befleckt und verdorben wird? Was alles muss er, der nach eurem Glauben sogar beim ehelichen Geschlechtsverkehr besudelt wird, bei all den sittenlosen Praktiken über sich ergehen lassen? Sprecht es nur mutig aus, was ihr zu sagen pflegt: ‛Hatte Gott also keine andere Möglichkeit, das Siegel der Glaubensgerechtigkeit (Rm. 4,11) auf andere Weise modellhaft vorzubilden, als mit jenem Glied?’ Unsere Antwort darauf: ‛Warum nicht auch damit?’ Denn erstens ist für die Reinen alles rein, wie viel mehr dann für Gott. Zweitens sagte es ja der Apostel (cf. Rm. 4,11), dass dem Abraham das Siegel der Glaubensgerechtigkeit in Gestalt dieser Beschneidung überreicht wurde. Errötet nun aber nicht, falls das möglich ist, wenn man euch sagt: ‛Hatte euer Gott also keine Möglichkeit zu verhindern, dass ein Teil seiner Natur in jenem Glied, das ihr so verabscheut, hängen blieb?’ ‛Schamglied’ nennen es zwar die Menschen, weil die dem Verderben und der Strafe verfallene Nachkommenschaft unserer sterblichen Natur hier ihren Ursprung hat; doch die Reinen behandeln es mit Hochachtung, die Schamlosen mit Leichtfertigkeit, Gott mit Gerechtigkeit.
