7.
Nun höret, bitte, einmal zu, was dieser Gottesschänder sagt: „Wenn ich also den Finger krümmen, die Hand bewegen, sitzen, stehen, umhergehen, mich unterhalten, ausspucken, mit beiden Fingern die Nase säubern, den Leib erleichtern oder Wasser lassen will, dann soll mir ständig Gottes Hilfe nötig sein?“ So höre doch zu, du Undankbarer und Gottloser! Der Apostel mahnt: „Ihr möget essen oder trinken oder sonst etwas tun, tuet alles im Namen des Herrn!“ 1 Bei Jakobus steht zu lesen: „Wohlan, jetzt sprecht ihr: Heute oder morgen wollen wir in jene Stadt reisen, ein Jahr dort verweilen, Geschäfte machen und verdienen. Ach, was weißt du denn vom Morgen? Was ist denn euer Leben? Ein Lufthauch seid ihr, ein Dunst, für kurze Zeit sichtbar, der bald verschwindet. Würdet ihr nicht besser sagen: Wenn Gott will, und wenn wir leben, werden wir dies und jenes tun. Jetzt aber überhebt ihr euch in eurem Stolze. Aber all dies Rühmen ist vom Übel.“ 2 Du meinst, dir geschehe Unrecht und dein freier Wille werde beeinträchtigt, wenn du alles auf Gott als Urheber zurückführst, wenn du von seinem Willen abhängig bist und sprichst: „Meine Augen sind ständig auf den Herrn gerichtet; denn er wird meine Füße aus den Fallstricken befreien.“ 3 Wagst du noch immer, mit vermessenen Worten zu behaupten, ein jeder werde nur von seinem freien Willen geleitet? Ist dies aber der Fall, wo bleibt denn dann die Hilfe Gottes? Wenn der Mensch der Führung Christi nicht bedarf, wie kann der Prophet Jeremias schreiben: „Des Menschen Weg hängt nicht S. b216 von ihm ab. Des Menschen Schritte werden vom Herrn gelenkt.“ 4
Du sagst Gottes Gebote seien leicht; aber du vermagst niemand zu nennen, der sie alle beobachtet hat. Antworte mir: „Sind sie leicht oder schwer?“ Sind sie leicht, dann nenne mir einen, der alle beobachtete, dann sage mir, warum David schreibt: „Mühsal hast Du ersonnen in Deinem Gebote. 5 Um der Worte Deiner Lippen willen bin ich harte Wege gegangen“, 6 warum der Herr im Evangelium spricht: "Gehet ein durch die enge Pforte! Liebet eure Feinde! Betet für die, welche euch verfolgen!“ 7 Wenn aber Gottes Gebote schwer sind, wie kannst du es wagen, zu behaupten, sie, die keiner [in ihrer Gesamtheit] erfüllt hat, seien leicht? Bemerkst du denn den Widerspruch in deinen Auffassungen gar nicht? Entweder ist die Erfüllung der Gebote leicht, dann muß es eine endlose Schar von Menschen geben, die sie beobachtet haben; oder sie ist schwer, dann war es vermessen von dir, leicht zu nennen, was schwer ist.
