Achter Artikel. Die Ungläubigen können manchmal durch Gewalt zum Glauben getrieben werden.
a) Das kann niemals sein. Denn: I. Matth. 13. fragen die Knechte den Familienvater, ob sie das Unkraut ausreißen sollen; und dieser antwortet: „Nein; damit ihr nicht mit dem Unkraute zugleich den guten Samen herausreißet. “Dazu bemerkt Chrysostomus (hom. 47. in Matth.): „Der Herr verbietet damit, die Häretiker zu töten; denn wenn ihr sie tötet, müssen viele Heilige mit zu Grunde gehen.“ II. Decret. dist. 45. cap. 5. (concil. Tolet. 4. can. 57.) heißt es: „Das heilige Konzil verbietet, den Juden fortan irgend welche Gewalt anzuthun, damit sie glauben.“ III. Augustin schreibt (26. in Joan.): „Das Übrige kann der Mensch auch gezwungen thun; glauben kann er nur mit freiem Willen.“ IV. Ezech. 18. wird gesagt: „Ich will nicht den Tod des Sünders.“ Also dürfen auch wir nicht wollen, daß die Ungläubigen getötet werden. Auf der anderen Seite heiht es Luk. 14.: „Gehe hinaus auf die Landstraßen und an die Zäune und zwinge sie einzutreten, damit mein Haus voll werde.“ In das Haus Gottes, die Kirche, aber tritt man ein kraft des Glaubens.
b) Ich antworte; Heiden und Juden, die nie den Glauben angenommen haben, sind auf keine Weise dazu zu zwingen; denn glauben ist Sache des Willens.Sie können aber, wenn es möglich ist, gezwungen werden, daß sie weder durch Gotteslästerungen noch durch schlechte Überredungskünste noch durch offene Verfolgungen den Glauben hindern. Deshalb fangen die Gläubigen bisweilen mit den Ungläubigen Krieg an; nicht damit sie dieselben zum Glauben zwingen, sondern damit sie dieselben hindern, dem Glauben zu schaden; — denn hätten sie auch Ungläubige gefangen genommen, sie würden denselben ihre Freiheit belassen, ob sie nämlich Christo glauben wollen oder nicht. Die Häretiker und Apostaten aber müssen auch körperlich gezwungen werden, daß sie erfüllen was sie versprochen und daß sie halten, was sie geschworen haben.
c) 1. Durch jene Stelle glaubte man nicht wohl verboten die Exkommunikation der Häretiker, sondern deren Tötung. Augustin sagt (ad Vincent. ep. 143.): „Das war meine frühere Meinung, es sei niemand zur Einheit Christi zu zwingen; mit dem Worte allein solle man handeln, mit Disputieren kämpfen. Aber diese meine Meinung wird zu nichte gemacht; nicht zwar durch die Worte derer, die sie nicht teilen, aber durch die Thaten derer, die das Gegenteil erweisen. Denn die Furcht vor den Strafgesetzen hat so viel genützt, daß viele sagen: Gott sei gedankt, der unsere Fesseln gebrochen. Was also der Herr sagt: Lasset Beides zugleich wachsen bis zur Ernte, muß verstanden werden in Verbindung mit dem, was Er hinzufügt: Damit man nicht, indem man das Unkraut sammelt, zugleich den guten Weizen ausreiße. Damit wird hinreichend gezeigt (vgl. ep. ad Parmen. lib. 3, cap. 2.), daß, wenn diese Furcht nicht obwaltet, d. h. wenn das Verbrechen jemandes so offen vorliegt und so abscheulich dasteht, daß es keine oder beinahe keine Verteidiger findet, oder daß es wenigstens keine solchen Verteidiger hat, durch die eine Spaltung veranlaßt werden könnte, daß dann die Strenge der kirchlichen Zucht nicht schlafen soll.“ II. Haben die Juden nie den Glauben angenommen, so sind sie in keiner Weise zu selbem zu zwingen. Haben sie ihn angenommen, so sind sie zu zwingen, daß sie darin bleiben; wie dies in derselben Stelle gesagt wird. III. Geloben ist Sache des freien Willens, das Gelobte zu erfüllen ist Notwendigkeit. Ebenso ist glauben Sache des freien Willens, am Glauben festhalten ist Notwendigkeit. Deshalb sagt Augustin (ep. 185 ad Comitem.): „Was schreien doch die; frei sei es zu glauben oder nicht zu glauben? Wem hat denn Christus Gewalt angethan? Mögen sie in Paulus anerkennen einen, der früher Christo Gewalt angethan und nachher Christum gelehrt hat.“ IV. Augustin sagt (l.
c): „Niemand will, daß ein Häretiker zu Grunde gehe. Anders aber verdiente das Haus David keinen Frieden zu haben; wenn nicht Absalom, sein Sohn, im selben Kriege, den er gegen den Vater führte, vertilgt worden wäre. So also heilt die katholische Kirche, wenn sie einen zu Grunde gehen läßt, um die übrigen zur Einheit zu versammeln, den Mütterlichen Schmerz durch die Befreiung so vieler anderer Seelen.“
