Elfter Artikel. Über die religiösen Riten der Ungläubigen.
a) Dieselben dürfen in keiner Weise geduldet werden. Denn: I. Der Sünde stimmt jener zu, der sie hindern kann und sie nicht hindert. In der Beobachtung ihrer Riten aber sündigen die Ungläubigen. Da also „nicht allein wer so thut, sondern auch wer zustimmt dem so Thuenden“ schuldig ist (Röm. 1.), so dürfen keinerlei Riten und religiöse Gebräuche der Ungläubigen geduldet werden. II. Die religiösen Gebräuche der Juden sind als Götzendienst zu betrachten nach Gal. 5. (Nolite iterum jugo servitutis contineri), wozu die Glosse bemerkt: „Nicht leichter ist die Knechtschaft, welche dieses Gesetz auf legt, wie der Götzendienst.“Die christlichen Fürsten aber haben die heid nischen Tempel schließen und dann zerstören lassen, damit die heidnischen Gebräuche aufhörten. (Aug. 18. de civ. Dei 40.) Also dürfen auch die religiösen Gebräuche der Juden nicht geduldet werden. III. Ehebruch, Diebstahl u. s. w. wird bestraft. Also muß dies auch der größten Sünde gegenüber, dem Unglauben, geschehen; und dürfen keinerlei Riten desselben gelitten werden. Auf der anderen Seite heißt es Decret. dist. 45, c. qui sincera von seiten Gregors über die Juden: „Mögen sie die volle Freiheit haben, ihre Festlichkeiten, wie sie dieselben bis jetzt selber und wie ihre Väter sie lange Zeit hindurch beobachtet haben, auch fernerhin zu feiern.“
b) Ich antworte, das menschliche Regieren leite sich vom göttlichen ab und müsse dieses nachahmen. Gott aber läßt, obgleich im höchsten Grade gut und allgewaltig, einige Übel zu im All, die Er verhindern könnte; damit nicht, wenn sie entfernt würden, größeres Gute hinweggenommen werde oder größere Übel die Folge wären. So auch lassen mit Recht die Oberen unter den Menschen manches Üble zu, damit nicht größeres Gute gehindert würde oder größere Übel entständen. So sagt Augustin (2. de Ord. 4.): „Entferne aus der menschlichen Gesellschaft die verworfenen Frauen und du wirst Alles durch Wollust in Verwirrung bringen.“ Deshalb können auch die Ungläubigen, obgleich sie darin sündigen, in ihren Riten verbleiben auf Grund von etwas Gutem, was sich daraus ergiebt oder damit ein Übel vermieden werde. Darin aber daß die Juden ihre religiösen Gebräuche beobachten, in denen einstmals die Wahrheit des Glaubens vorbedeutet wurde, ist dieses Gute zu finden, daß wir von den Feinden selber ein Zeugnis für die Wahrheit haben und so die Figur dessen noch beständig vorgehalten wird, was wir glauben. Die Riten anderer Ungläubigen sind aber nur zu dulden, damit ein größeres Übel vermieden werde; nämlich Ärgernis oder Streit oder ein Hindernis für das Heil jener, die jetzt geduldet allmählich zum Glauben übertreten. Darum hat auch die Kirche die Riten der Ketzer und Heiden geduldet, als deren eine große Anzahl war.
c) Ist damit erledigt.
