1. Erster pseudoisidorischer Brief.
Brief des Papstes Eusebius, daß Laien oder ehrlose Bischöfe nicht anklagen können.
Den theuersten, im Herrn und Gott geliebten Brüdern, allen in den gallicanischen Provinzen eingesetzten Bischöfen (sendet seinen Gruß) Eusebius.
Auf euere Anfrage, was mit bekehrten Häretikern zu geschehen habe, wisset, daß wir dieselben, wenn sie auf den Glauben der heiligen Dreieinigkeit getauft sind, durch die Händeauflegung aufnehmen. 1 (c. 1.) „Bezüglich der Kla- S. 514 gen gegen Kleriker, über welche ihr euch angefragt habet, wisset, daß es seit der Zeit der Apostel in dieser heiligen Stadt so gehalten wurde, daß Kläger und Klagen, welche auswärtige Gewohnheitsrechte nicht annehmen, von der Anklage der Kleriker ausgeschlossen sind."2(https://bkv.unifr.ch/works/266/versions/287/scans/c. 2.) „Ebenso ist es bisher Gewohnheit und Gesetz, daß Laien gegen Bischöfe nicht Klage führten, weil sie nicht denselben Lebenswandel führen und ihnen offenbar deßhalb Manche feind sind, weil ihr Leben und Wandel von der Handlungsweise der Laien verschieden sein muß und sie von Jenen nicht angegriffen werden dürfen, welche deren Keuschheit und ernstes Leben nicht nachahmen wollen, besonders da auch sie Jene bei ihren Klagen nicht annehmen wollen."3Dieß voraussehend, haben schon die Apostel den Laien das Klagerecht gegen Kleriker entzogen; „deßhalb nehmen auch wir, indem wir dem Beispiele der Väter zum Schutze der Diener Gottes folgen, jenen Personen, welche die öffentlichen Gesetze zur Klage nicht zulassen, das Recht, einen Andern zu beschuldigen, und dürfen von den kirchlichen Richtern keine Klagen gehört werden, welche (schon) von den weltlichen Gesetzen verboten sind.4Daher dürfen Jene, welche entweder bezüglich des katholischen Glaubens oder durch ihre Feindseligkeit verdächtig sind, zur Beschuldigung der vorher Genannten nicht zugelassen werden, weil Unglaube und Feindschaft der Wahrheit entsprechende Aussagen zu verhindern pflegt. Auch Jene sind nicht glaubwürdig und zuzulassen, welche die Verbrechen Anderer freiwillig offenbaren, und deßhalb ist sorgfältig und durch wiederholte Untersuchung die Wahrheit zu erforschen, welche deren freiwilliger Aussage nicht zukommen kann; sie (die Wahrheit) muß die reli- S. 515 giöse Tortur durch verschiedene Peinigungen aus ihren Schlupfwinkeln herausziehen, damit, während der Körper Strafe erleidet, das Geschehene getreu und wahrheitsgemäß erforscht werde."5 (c. 3.) Allen Streit und alle Klagen bringt vielmehr vor die weltlichen Richter, welche nach Recht und Gesetz entscheiden mögen; von uns. die wir durch Gottesdienst geadelt sind, sei solch' ein profanes Amt ferne. (c. 4.) Ehrlos sind Alle, welche gegen Bischöfe Klage führen. (c. 5.) Über die Liebe zu Gott aus I. Joh. 4, 7—21. u. 5, 1—20. Strafe für die Sünder aus Sir. 11. 6, 24. Alle euere Bedenken bringet auch fernerhin an uns. 6 (c. 4.)
Mit Bezug auf das Pontificalbuch, welches erzählt, daß Eusebius in Rom Häretiker gefunden, und diese durch Händeauflegung in die Kirche aufgenommen habe. ↩
1. Decret. cf. C. III. qu. 5, c. 5. (c. 96. conc. Afric.) ↩
2. Decret. cf. C. II. qu. 7, c. 5. (c. 6. vit. Sylvestri P. in lib. pontif.) ↩
Gehört zum 1. Decret. und ist C. VI. qu. 1, c. 19. auch getrennt citirt. ↩
3. Decret. cf. C. V. qu. 5. c. 4. (c. 64. conc. Tolet. IV. a. 633; interpr. 1. Visig.Pauli. rec. sent. V. 5. 17. interpr. s. 3.; Ennodii ep. Ticin. † 521. ep. 1., c. 4. et ejusd. lib. apolog. p. 329 in ed. Sirmond. 1611 Paris.) ↩
Judocus. Le Plat (Gallandius, de vetust. canon. collect. II. p. 821.) citirt aus diesem I. Schreiben auch c. 20. C. VI. qu.1; allein die daselbst angeführten Worte finden sich weder in diesem noch in den zwei folgenden Briefen und gehören, wie schon die Correctores Romani vermutheten, Gratian selbst an. ↩
