5.
Keine ruhmvollere Tat hätte den Heimgang des S. 397 großen Kaisers verklären können, der bereits alles seinen Söhnen übergeben hatte, das Reich, die Regierungsgewalt, den Kaisertitel: kein herrlicheres Denkmal, sage ich, hätte ihm im Tode verbleiben können, als daß der in Aussicht gestellte teilweise Erlaß der noch rückständigen Ertragssteuern infolge des Aufschubes als Gnadenerbe in seinen Rücklaß überging. Wer dies hintertreiben wollte, würde Fluch auf sich laden, dem Theodosius freilich bliebe das reiche Verdienst des großen Gnadenaktes unbenommen. Nicht mit Unrecht. Denn wenn schon der letzte Wille von Privatpersonen und die letztwilligen Verfügungen gewöhnlicher Sterblicher dauernde Gültigkeit haben, wie könnte die letztwillige Bestimmung eines so großen Kaisers der Rechtsgültigkeit ermangeln? Auch darin zeigte sich Theodosius ruhmwürdig, daß er sein Testament nicht nach dem gemeinen Rechtsherkommen machte. Bezüglich seiner Söhne blieb ihm ja nichts mehr zu bestimmen übrig: er hatte ihnen bereits alles übergeben; nur empfahl er sie noch einem anwesenden Verwandten1. Bezüglich seiner Untertanen und Schutzbefohlenen aber mußte er noch Anordnung treffen, um für sie Vermächtnisse auszuwerfen und letztwillige Verfügungen zu treffen. Er ordnete einen gesetzlichen Gnadenerlaß an, den er schriftlich hinterließ. Was ist geziemender, als daß der letzte Wille eines Kaisers Gesetz sei?
Gemeint ist wohl Stilicho, den Theodosius mit seiner Nichte und Adoptivtochter Serena vermählt hatte, der Vormund und (künftige) Schwiegervater des Kaisers Honorius, Reichsverweser und Testamentsvollstrecker, nicht aber Ambrosius selbst, dem freilich der sterbende Theodosius nach Paulin. c. 32 ebenfalls seine Söhne warm ans Herz gelegt hatte. Vgl. des Claudianus Apostrophe an Stilicho (Spottgedicht an Rufin): Tibi credita fratrum utraque maiestas. ↩
