Übersetzung
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Über die Seele. (BKV)
52. Cap. Der Tod, sowohl der gewöhnliche als der gewaltsame, ist nicht der Natur der Menschen gemäss, sondern die Folge einer Verschuldung.
Dieses Vorkommnis, der Tod oder die Trennung des Leibes von der Seele, wird durch das Gefühl der Menschen, mit Beiseitelassung der Frage nach Schicksalsbestimmung oder Zufälligkeit, zwiefach eingeteilt, in eine gewöhnliche und eine aussergewöhnliche Form, und man schreibt die S. 366 gewöhnliche Form, jeden ruhigen Tod, der Natur zu, die aussergewöhnliche, jedes gewaltsame Ende dagegen, hält man für aussernatürlich. Wir, die wir den Ursprung des Menschen kennen, erklären frischweg, dass sich von Natur der Tod gar nicht an den Menschen herangewagt habe, sondern erst infolge einer Schuld, die nicht einmal eine natürliche war. Es konnte aber leicht geschehen, dass das, was von der Geburt an durch ein zufälliges Überkommen uns anhängt, die Bezeichnung Natur bekam. Denn nur dann, wenn der Mensch für den Tod direkt angelegt gewesen wäre, müsste der Tod der Natur zugeschrieben werden. Dass er aber nicht für den Tod angelegt war, beweist das Gesetz, welches sich mit bedingter Drohung in der Schwebe hält und den Eintritt des Todes dem freien Willen des Menschen zuschreibt. Wenn er nicht gesündigt hätte, wäre er gar nicht gestorben. Somit kann nicht Natur sein, was infolge eines anheimgegebenen Anerbietens durch den freien Willen eingetreten ist und nicht mit Notwendigkeit auf Grund höherer Anordnung.
Wenn folglich der Verlauf des Sterbens auch ein verschiedener ist, je nach der verschiedenen Beschaffenheit der Ursachen, so ist der Tod doch niemals so sanft zu nennen, dass er ohne Gewalt geschähe. Was den Tod bewirkt, ist eben, wenn es auch einfach ist, Gewalt. Wie? Er ist es ja, welcher die so innige Verbindung von Seele und Leib, diese innige Vereinigung verschwisterter Substanzen trennt und zerreisst. Wenn jemand seinen Geist vor Freude aufgibt, wie der Spartaner Chilon, während er seinen zu Olympia siegreichen Sohn umarmte, oder infolge einer Auszeichnung, wie der Athener Klidemus, während er wegen seines vorzüglichen historischen Stiles mit einem goldenen Kranze gekrönt wurde, oder im Schlafe, wie Plato, durch Lachen, wie P. Crassus, so ist eine solche Todesart eigentlich noch viel gewaltsamer, weil sie sich ungewohnter Mittel bedient, weil sie die Seele aus ihren Annehmlichkeiten hinausjagt und uns den Tod dann anthut, wann zu leben angenehmer wäre, in der Freude, in der Ehre, in der Ruhe, im Vergnügen. Es ist dieselbe Gewalt, welche die Schiffe trifft, wenn sie weit von den kaphareischen Klippen, von keinem Wirbelwinde gepackt und nicht von Wogen umhergeschleudert, bei kosenden Lüftchen, gleitendem Lauf, fröhlicher Bemannung, bei sonst vollkommener Sicherheit, mit einem plötzlichen innern Krach in sich zusammenbrechen. Dem gleichen genau die Schiffbrüche des Lebens und der Eintritt sogar eines sanften Todes. Wenn die Fahrt der Seele einmal zu Ende ist, so verschlägt es nichts, ob das Schifflein des Leibes unbeschädigt versinkt oder zerschellt.
Edition
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De Anima
LII.
[1] Hoc igitur opus mortis: separatio carnis atque animae; seposita quaestione fatorum et fortuitorum bifariam distinxit humanus affectus, in ordinariam et extraordinariam formam, ordinariam quidem naturae deputans, placidae cuiusque mortis, extraordinariam uero praeter naturam iudicans, uiolenti cuiusque finis. [2] Qui autem primordia hominis nouimus, audenter determinamus mortem non ex natura secutam hominem, sed ex culpa, ne ipsa quidem naturali; facile autem usurpari naturae nomen in ea quae uidentur a natiuitate ex accidentia adhaesisse. Nam si homo in mortem directo institutus fuisset, tunc demum mors naturae adscribereretur. Porro non in mortem institutum eum probat ipsa lex condicionali comminatione suspendens et arbitrio hominis addicens mortis euentum. Denique si non deliquisset, nequaquam obisset. Ita non erit natura quod ex oblationis potestate accidit per uoluntatem, non ex instituti auctoritate per necessitatem. [3] Proinde etsi uarii exitus mortis, ut est multimoda condicio causarum, nullum ita dicimus lenem, ut non ui agatur. Ipsa illa ratio operatrix mortis, simplex licet, uis est. Quid enim? quae tantam animae et carnis societatem, tantam a conceptu concretionem sororum substantiarum diuellit ac dirimit. Nam etsi prae gaudio quis spiritum exhalet, ut Chilon Spartanus, dum uictorem Olympiae filium amplectitur, etsi prae gloria, ut Clidemus Atheniensis, dum ob historici stili praestantiam auro coronatur, etsi per somnium, ut Plato, etsi per risum, ut P. Crassus, multo uiolentior mors quae per aliena grassatur, quae animam per commoda expellit, quae tunc mori affert, cum iocundius uiuere est in exultatione in honore in requie in uoluptate. [4] Vis est et illa nauigiis, cum longe a Caphereis saxis, nullis depugnata turbinibus, nullis quassata decumanis, adulante flatu, labente cursu, laetante comitatu, intestino repente perculsu cum tota securitate desidunt. Non secus naufragia sunt uitae etiam tranquillae mortis euentus. Nihilo refert integram abire corporis nauem an dissipatam, dum animae nauigatio euertatur.