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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
3. Hat man vom Standpunkt der wahren Weisheit oder der Glückseligkeit aus die Ausdehnung der Herrschaft, da sie doch nur durch Kriege erzielt werden kann, zu den Gütern zu rechnen?
Wollen wir nunmehr zusehen, was es für eine Bewandtnis hat mit der Behauptung der Gegner, daß die Band 1, S. 190machtvolle Ausdehnung und die lange Dauer der römischen Herrschaft jenen Göttern zuzuschreiben sei, denen sie durch Gewährung selbst schandbarer Spiele und durch schandbarer Menschen Dienstleistungen eine würdige Verehrung erwiesen zu haben behaupten. Zunächst allerdings möchte ich eine kleine Untersuchung darüber anstellen, ob es vernünftig und klug sei, sich der Ausdehnung und des Umfanges einer Herrschaft zu rühmen, da man doch nicht erweisen kann, daß Menschen glücklich seien, die beständig mitten in Kriegsunruhen, watend im Blute, sei es Bürger- oder Feindesblut, doch eben in Menschenblut, umdüstert von Furcht und entfesselter Blutgier, dahinleben, so daß das Ergebnis aller Bemühungen eine Freude ist von zerbrechlicher Herrlichkeit wie Glas, wobei man die schreckliche Furcht nicht los wird, sie möchte unversehens brechen. Um darin leichter klar zu sehen, wollen wir doch alle eitle Prahlerei und Windmacherei beiseite lassen und die Beobachtung in ihrer Schärfe nicht durch hochtönende Worte beeinträchtigen als da sind: Völker, Reiche, Provinzen; sondern stellen wir uns einfach zwei Menschen vor (denn jeder einzelne Mensch bildet gleich dem einzelnen Buchstaben der Rede sozusagen einen Grundbestandteil der Bürgerschaft und des Reiches, auch wenn sich dieses über noch so viele Länder erstreckt) und denken wir uns den einen arm oder vielmehr mäßig begütert, den andern überaus reich; der reiche werde von Befürchtungen geängstigt, von Kummer verzehrt, von Begier durchglüht; er sei niemals sicher, fortwährend in Unruhe, sinne ohne Unterlaß auf Streit und Feindseligkeit, vermehre in der Tat unter solchen Beschwerlichkeiten sein Vermögen ins Ungemessene, ebenso aber auch die bittersten Sorgen; dagegen lasse sich der mäßig begüterte an seiner kleinen und knappen Habe genügen, er sei den Seinigen gar teuer, erfreue sich des süßesten Friedens mit seinen Verwandten, Nachbarn und Freunden, sei gottesfürchtig und fromm, milden Sinnes, gesunden Leibes, im Aufwand sparsam, keusch an Sitten und ruhigen Gewissens. Ob es wohl jemand gäbe, der töricht genug wäre zu schwanken, welchem von beiden er den Vorzug geben soll! Das gleiche nun wie hier von Band 1, S. 191zwei Menschen, gilt von zwei Familien, von zwei Völkern und von zwei Reichen und wenn wir die Analogieregel wohlbedacht anwenden und danach unser Vorurteil korrigieren, so werden wir ohne alle Mühe erkennen, wo der Schein herrscht und wo das Glück. Wird demnach der wahre Gott verehrt und dient man ihm mit wahrhaftem Kult und guten Sitten, so ist es von Vorteil, wenn gute Menschen weithin und lange Zeit herrschen; und zwar ist das weniger für sie als für die Regierten von Vorteil. Denn den Regenten genügt ihre Gottesfurcht und Rechtschaffenheit, diese großen Gaben Gottes, um sie des wahren Glückes teilhaft zu machen, das darin besteht, daß man sowohl hienieden sein Leben gut zubringe als auch nachher das ewige Leben erlange. Auf dieser Welt also ist die Herrschaft guter Menschen nicht so fast für sie, als für die menschlichen Verhältnisse eine Wohltat; dagegen ist die Herrschaft schlechter Menschen in erster Linie für die Regenten selbst verderblich, die ihre Seelen infolge der größeren Freiheit in Lastern zugrunde richten, während ihren Untergebenen nur die eigene Bosheit zum Verderben wird. Denn für die Gerechten bedeutet all das Übel, das ihnen von einer ungerechten Herrschaft zugefügt wird, nicht eine Strafe für Schuld, sondern eine Prüfung der Tugend. Und so ist der Gute frei auch in dienender Stellung, der Böse dagegen auch in herrschender Stellung Sklave, und zwar nicht eines einzelnen Menschen, sondern, was noch schlimmer ist, sovieler Herren als er Laster hat. Mit Bezug auf die Laster nämlich sagt die Hl, Schrift1: „Denn von wem einer überwältigt ist, dem ist er auch als Sklave zugesprochen“.
2 Petr. 2,19. ↩
Edition
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De civitate Dei (CCSL)
Caput III: An latitudo imperii, quae nonnisi bellis adquiritur, in bonis siue sapientium habenda sit siue felicium.
Iam itaque uideamus, quale sit quod tantam latitudinem ac diuturnitatem imperii Romani illis dis audent tribuere, quos etiam per turpium ludorum obsequia et per turpium hominum ministeria se honeste coluisse contendunt. quamquam uellem prius paululum inquirere, quae sit ratio, quae prudentia, cum hominum felicitatem non possis ostendere, semper in bellicis cladibus et in sanguine ciuili uel hostili, tamen humano cum tenebroso timore et cruenta cupiditate uersantium, ut uitrea laetitia conparetur fragiliter splendida, cui timeatur horribilius ne repente frangatur, de imperii latitudine ac magnitudine uelle gloriari. hoc ut facilius diiudicetur, non uanescamus inani uentositate iactati atque obtundamus intentionis aciem altisonis uocabulis rerum, cum audimus populos regna prouincias; sed duos constituamus homines - nam singulus quisque homo, ut in sermone una littera, ita quasi elementum est ciuitatis et regni, quantalibet terrarum occupatione latissimi - , quorum duorum hominum unum pauperem uel potius mediocrem, alium praediuitem cogitemus; sed diuitem timoribus anxium, maeroribus tabescentem, cupiditate flagrantem, numquam securum, semper inquietum, perpetuis inimicitiarum contentionibus anhelantem, augentem sane his miseriis patrimonium suum in inmensum modum atque illis augmentis curas quoque amarissimas aggerantem; mediocrem uero illum re familiari parua atque succincta sibi sufficientem, carissimum suis, cum cognatis uicinis amicis dulcissima pace gaudentem, pietate religiosum, benignum mente, sanum corpore, uita parcum, moribus castum, conscientia securum. nescio utrum quisquam ita desipiat, ut audeat dubitare quem praeferat. ut ergo in his duobus hominibus, ita in duabus familiis, ita in duobus populis, ita in duobus regnis regula sequitur aequitatis, qua uigilanter adhibita si nostra intentio corrigatur, facillime uidebimus ubi habitet uanitas et ubi felicitas. quapropter si uerus deus colatur eique sacris ueracibus et bonis moribus seruiatur, utile est ut boni longe lateque diu regnent; neque hoc tam ipsis quam illis utile est, quibus regnant. nam quantum ad ipsos pertinet, pietas et probitas eorum, quae magna dei dona sunt, sufficit eis ad ueram felicitatem, qua et ista uita bene agatur et postea percipiatur aeterna. in hac ergo terra regnum bonorum non tam illis praestatur quam rebus humanis; malorum uero regnum magis regnantibus nocet, qui suos animos uastant scelerum maiore licentia; his autem, qui eis seruiendo subduntur, non nocet nisi propria iniquitas. nam iustis quidquid malorum ab iniquis dominis inrogatur, non est poena criminis, sed uirtutis examen. proinde bonus etiamsi seruiat, liber est; malus autem etiamsi regnet, seruus est, nec unius hominis, sed, quod est grauius, tot dominorum quot uitiorum. de quibus uitiis cum ageret scriptura diuina: a quo enim quis, inquit, deuictus est, huic et seruus addictus est.