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Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat (BKV)
29. Das Vorzeichen, das angeblich die Macht and die ewige Dauer der römischen Herrschaft bedeutete, war trügerisch.
Denn was für eine Bewandtnis hat es mit dem Vorzeichen, das man als ein gar herrliches gepriesen hat — ich bin oben schon darauf zu sprechen gekommen1—, daß nämlich Mars, Terminus und Juventas nicht einmal Jupiter, dem König der Götter, Platz machen wollten? Man legte es dahin aus, daß das Geschlecht des Mars das ist das römische Volk niemand einen Platz freigeben werde, den es einmal eingenommen, daß ferner — und dies bezieht sich auf den Gott Terminus — niemand die römischen Grenzen verrücken werde, und daß — nach dem Beispiel der Göttin Juventas — auch die römische Jugend vor niemand weichen werde. So behandeln sie Band 1, S. 227also diesen König ihrer Götter; den Verleiher ihrer Herrschaft: sie setzten ihn in dieser Wahrzeichendeutung einem Gegner gleich, dem nicht zu weichen rühmlich sei. Immerhin haben sie, wenn diese Vorzeichen sich erfüllen, durchaus nichts zu fürchten. Denn das werden sie nie eingestehen, daß die Götter, die einem Jupiter nicht Platz machen wollten, unserm Christus Platz gemacht haben; ihm konnten sie nämlich ohne Einbuße an der Ausdehnung des Reiches Platz machen und sowohl ihre Wohnsitze als insbesondere die Herzen der Gläubigen überlassen. Allein bevor noch Christus im Fleisch erschien, ja noch ehe diese Nachrichten aufgezeichnet wurden, die wir ihren Büchern entnehmen, jedoch erst nachdem sich jenes Vorzeichen unter König Tarquinius zugetragen hatte, wurde das römische Heer wiederholt geschlagen d. h. zur Flucht genötigt und so das Vorzeichen Lügen gestraft, wonach Juventas vor Jupiter nicht gewichen war, und das Geschlecht des Mars wurde in der Hauptstadt selbst von den siegreich eindringenden Galliern niedergeworfen, und die Grenzen des Reiches wurden durch den Anschluß vieler Gebiete an Hannibal sehr eingeengt. So ward das prächtige Vorzeichen seines Inhalts beraubt und es blieb nichts übrig als die Widerspenstigkeit gegen Jupiter, nicht die von Göttern, sondern die von Dämonen. Denn man muß doch unterscheiden zwischen nicht weichen und den Platz wieder einnehmen, von dem man gewichen. Übrigens haben auch nachmals die Grenzen des römischen Reiches im Orient durch den freien Entschluß Hadrians eine Veränderung erlitten. Er trat nämlich drei schöne Provinzen, Armenien, Mesopotamien und Assyrien an das Perserreich ab, so daß es den Anschein gewinnt, als habe der Gott Terminus, der nach der Ansicht dieser Leute die römischen Grenzen beschützte und nach jenem famosen Vorzeichen dem Jupiter nicht gewichen war, vor Hadrian, einem König über Menschen, größeren Respekt gehabt als vor dem König der Götter. Und nachdem die genannten Provinzen später wieder gewonnen waren, wich Terminus abermals zurück, es liegt gar nicht weit hinter uns, fast noch erinnern wir uns der Zeit; es war, als Kaiser Julian im Vertrauen auf die Orakelsprüche der Band 1, S. 228Götter die Proviantschiffe verbrennen ließ, ein unbesonnenes Wagnis; denn das Heer, nun ohne Verpflegung und bald auch seines Kaisers durch eine tödliche Verwundung beraubt, geriet so sehr in die Enge, daß unter dem allseitigen Ansturm der Feinde auf die durch den Tod des Kaisers verwirrten Soldaten keiner entkommen wäre, wenn nicht durch einen Waffenstillsand die Grenzen des Reiches so festgelegt, worden wären, wie sie heute noch bestehen, eine Abgrenzung, die zwar keine so große Einbuße in sich schloß, als sie Hadrian genehmigt hatte, die aber doch nur durch Vergleich zustande kam. Es war also ein nichtiges Vorzeichen, wenn der Gott Terminus dem Jupiter nicht wich; denn er wich dem freien Entschluß Hadrians und wich ebenso der Unbesonnenheit Juiians und der Notlage seines Nachfolgers Jovianus. Die einsichtigeren und ernsthafteren Römer gaben sich ja darüber keiner Täuschung hin; allein sie vermochten wenig auszurichten gegen die Traditionen des Staates, der nun einmal in den Dämonenkult verstrickt war, weil auch sie, wenn sie auch die Nichtigkeit solcher Anschauungen empfanden, doch der der Leitung und Herrschaft des einen wahren Gottes unterstellten Natur der Dinge die religiöse Verehrung, die Gott gebührt, erweisen zu müssen glaubten2 und, wie der Apostel3 sagt, „dem Geschöpfe statt dem Schöpfer dienten, der gebenedeit ist in Ewigkeit“. Dieser wahre Gott mußte zu Hilfe kommen dadurch, daß er heilige und wahrhaft fromme Männer sandte, die für die wahre Religion zu sterben bereit waren, um von den Lebenden die falschen Religionen wegzunehmen.
Edition
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De civitate Dei (CCSL)
Caput XXIX: De falsitate auspicii, quo Romani regni fortitudo et stabilitas uisa est indicari.
Nam illud quale est quod pulcherrimum auspicium fuisse dixerunt, quod paulo ante commemoraui, Martem et Terminum et Iuuentatem nec Ioui regi deorum loco cedere uoluisse? sic enim, inquiunt, significatum est, Martiam gentem, id est Romanam, nemini locum quem teneret daturam, Romanos quoque terminos propter deum Terminum neminem commoturum, iuuentutem etiam Romanam propter deam Iuuentatem nemini esse cessuram. uideant ergo quomodo habeant istum regem deorum suorum et datorem regni sui, ut eum auspicia ista pro aduersario ponerent, cui non cedere pulchrum esset. quamquam haec si uera sunt, non habent omnino quid timeant. non enim confessuri sunt, quod di cesserint Christo, qui Ioui cedere noluerunt; saluis quippe imperii finibus Christo cedere potuerunt et de sedibus locorum et maxime de corde credentium. sed antequam Christus uenisset in carne, antequam denique ista scriberentur, quae de libris eorum proferimus, sed tamen posteaquam factum est sub rege Tarquinio illud auspicium, aliquotiens Romanus exercitus fusus est, hoc est uersus in fugam, falsumque ostendit auspicium, quo Iuuentas illa non cesserat Ioui, et gens Martia superantibus atque inrumpentibus Gallis in ipsa urbe contrita est, et termini imperii deficientibus multis ad Hannibalem ciuitatibus in angustum fuerant coartati. ita euacuata est pulchritudo auspiciorum, remansit contra Iouem contumacia, non deorum, sed daemoniorum. aliud est enim non cessisse, aliud unde cesseras redisse. quamquam et postea in orientalibus partibus Hadriani uoluntate mutati sunt termini imperii Romani. ille namque tres prouincias nobiles, Armeniam, Mesopotamiam, Assyriam, Persarum concessit imperio, ut deus ille Terminus, qui Romanos terminos secundum istos tuebatur et per illud pulcherrimum auspicium loco non cesserat Ioui, plus Hadrianum regem hominum quam regem deorum timuisse uideatur. receptis quoque alio tempore prouinciis memoratis nostra paene memoria retrorsus terminus cessit, quando Iulianus deorum illorum oraculis deditus inmoderato ausu naues iussit incendi, quibus alimonia portabatur; qua exercitus destitutus mox etiam ipso hostili uulnere extincto in tantam est redactus inopiam, ut inde nullus euaderet undique hostibus incursantibus militem imperatoris morte turbatum, nisi placito pacis illic imperii fines constituerentur, ubi hodieque persistunt, non quidem tanto detrimento, quantum concesserat Hadrianus, sed media tamen conpositione defixi. uano igitur augurio deus Terminus non cessit Ioui, qui cessit Hadriani uoluntati, cessit etiam Iuliani temeritati et Iouiani necessitati. uiderunt haec intellegentiores grauioresque Romani; sed contra consuetudinem ciuitatis, quae daemonicis ritibus fuerat obligata, parum ualebant, quia et ipsi, etiamsi illa uana esse sentiebant, naturae tamen rerum sub unius ueri dei regimine atque imperio constitutae religiosum cultum, qui deo debetur, exhibendum putabant, seruientes, ut ait apostolus, creaturae potius quam creatori, qui est benedictus in saecula. huius dei ueri erat auxilium necessarium, a quo mitterentur sancti uiri et ueraciter pii, qui pro uera religione morerentur, ut falsae a uiuentibus tollerentur.