5.
Wenn ihr aber euren Glauben an Christus auf das Hörensagen abstützt – dies hat ja Faustus selber, in grösste Enge getrieben, im Vorbeigehen angedeutet (377,25), natürlich um nicht gezwungen zu sein, jene Bücher vorzulegen, die gar keine Autorität besitzen, und sich auch nicht auf jene Bücher zu verpflichten, deren Autorität ihm zuwiderläuft – wenn ihr also euren Glauben an Christus auf das Hörensagen abstützt, achtet darauf, ob das ein geeigneter Zeuge ist, bedenkt sorgfältig, in welchen Abgrund ihr euch stürzt. Denn das Gerücht streut ja manches Böses über euch aus, von dem ihr kaum wünscht, dass es Glauben findet. Wie erklärt ihr es also, dass ihr das, was über Christus erzählt wird, für wahrheitsgetreu hält, jenes über euch dagegen als erlogen? Und wie kommt es, dass ihr dann doch gegen den Ruf Christi anredet? Denn dieser zieht ja mit seinem ganzen Glanz und seiner ganzen Macht Ohren und Sinne und Zungen aller Völker in seinen Bann, und bringt damit das zur Erfüllung – nachdem Christus, wie es die Schriften der Hebräer ankündigten, dem Samen Davids entstammend sich überall ausgebreitet hat – was dort als Verheissung an Abraham (gen. 22,18), Isaak (ib. 26,4) und Jakob (ib. 28,14) geschrieben ist: In deinem Samen werden alle Völker gesegnet sein. Was antwortet ihr nun, auf wen stützt ihr euren Glauben an Christus, da euch Zeugen aus fremden Völkern nicht genehm sind? Denn die Autorität unserer Bücher, die mit dem Einverständnis so vieler Völker durch eine ununterbrochene Reihe von Aposteln, Bischöfen und Konzilien gefestigt wurde, spricht ja nicht für euch; jene eurer eigenen Bücher aber ist völlig unbedeutend, da sie ja von nur so wenigen Menschen weitergegeben wird, dazu von solchen, die einen Gott und einen Christus verehren, der ein Betrüger ist. So wäre es geradezu ein schlechtes Zeugnis für ihre betrügerische Lehre, wenn man nicht auch die Manichäer selber, die ja ihrem Gott und Christus nachfolgen, für Betrüger hielte. Und wenn man vollends die öffentliche Meinung zu Rate zieht, so qualifiziert sie euch durchwegs als verdorbene Kreaturen, während sie unentwegt gegen eure Lehre einen Christus verkündet, der aus dem Samen Davids stammt. Die Stimme des Vaters vom Himmel habt ihr nicht gehört (cf. Mt. 3,17;17,5), die Werke Christi, mit denen er für sich selbst Zeugnis ablegte, habt ihr nicht gesehen; die Schriften, in denen dies alles dargestellt ist, nehmt ihr vermeintlich an, um euch zur Täuschung mit dem Schein des Christentums zu tarnen; damit sie aber nicht gegen euch verwendet werden können, bezeichnet ihr sie als interpoliert. Ihr zitiert daraus Christus mit den Worten (p. 329,22/Joh. 10,38): Wenn ihr mir nicht glaubt, glaubt wenigstens meinen Werken! Ebenso (p. 329,20/Joh. 8,18): Ich bin es, der über mich Zeugnis ablegt, und auch der Vater, der mich gesandt hat, legt Zeugnis über mich ab, wollt aber nicht, dass man daraus gegen euch zitiert (Joh. 5,39): Ihr durchforscht die Schriften, weil ihr meint, in ihnen das ewige Leben zu haben; gerade sie legen Zeugnis über mich ab, oder (ib. 46): Wenn ihr Moses glauben würdet, würdet ihr auch mir glauben: denn über mich hat er geschrieben, oder (Lk. 16,29): Sie haben Moses und die Propheten, auf die sollen sie hören! Oder (ib. 31): Wenn sie auf Moses und die Propheten nicht hören, werden sie sich auch von jemandem überzeugen lassen, der von den Toten auferstanden ist! Wie seid ihr zu diesem Entscheid gekommen? Worauf stützt ihr eure Zuversicht? Schriften, die durch so starke Autorität abgesichert und anempfohlen sind, verschmäht ihr, Wunderwerke vollbringt ihr keine: Und wenn ihr sie vollbringen würdet, würden wir bei euch Vorsicht walten lassen, da uns ja der Herr zum voraus mit den Worten wappnete (Mt. 24,24 f.): Es wird mancher falsche Messias und mancher falsche Prophet auftreten, und sie werden viele Zeichen und Wunder tun, um, wenn möglich, auch die Auserwählten zu täuschen; denkt daran, ich habe es euch vorausgesagt. So sehr wollte er verhindern, dass irgendetwas Glauben fände, was im Widerspruch steht zur gesicherten Schriftautorität, die ihre Glaubwürdigkeit durch die Tatsachen selber unter Beweis stellt, indem sie vor Augen führt, wie sich im Ablauf der Zeiten erfüllt und verwirklicht, was sie, lange bevor es Wirklichkeit wurde, angekündigt hatte.
