8.
Den Gedanken schliesslich, Christus für einen Menschen, vergleichbar mit andern bedeutenden Menschen zu halten, würde derselbe Prophet dem Heiden mit den Worten austreiben, die jener Stelle folgen (Jer. 17,5 ff.): Verflucht der Mensch, der seine Hoffnung auf den Menschen setzt und das Fleisch seines Armes auf ihn stützt, und dessen Herz vom Herrn sich entfernt; und er wird sein wie eine Tamariske, welche in der Wüste ist; er wird nicht sehen, wenn das Glück kommt, und er wird wohnen zwischen Ungerechten in der Wüste, auf salzigem Boden, wo niemand wohnt; und gesegnet der Mensch, der auf den Herrn vertraut, und der Herr wird seine Hoffnung sein, und er wird sein wie ein fruchttragendes Gehölz am Wasser, und er wird seine Wurzeln ins Feuchte ausstrecken, er wird sich nicht fürchten, wenn die Hitze kommt, und es werden an ihm dichtbelaubte Schosse sein, im Jahr der Dürre wird er sich nicht fürchten, und er wird nicht ablassen, Früchte zu tragen. Da der Prophet hier unzweideutig erklärt, dass verflucht ist, wer seine Hoffnung auf den Menschen setzt, und diese Verfluchung mit prophetischen Gleichnissen verdeutlicht, dass dagegen gesegnet ist, wer auf den Herrn vertraut, und diese Segnung ebenfalls mit passenden Gleichnissen verknüpft, könnte jener Heide vielleicht darüber irritiert sein, dass wir selber ihm, damit er nicht etwa seine Hoffnung auf einen Menschen setze, Christus als Gott verkündigen, diesen aber gleichzeitig – nicht aufgrund seiner ureigenen Natur, sondern aufgrund der von den Menschen angenommenen sterblichen Natur – als Menschen bezeichnen. So gab es tatsächlich Menschen, die dem Irrglauben verfallen waren, Christus als Gott anzuerkennen, seine menschliche Natur dagegen zu leugnen, andere wiederum hielten ihn für einen Menschen, leugneten dagegen seine göttliche Natur, und würdigten ihn so herab oder aber setzten ihre Hoffnung auf ihn als Menschen, wodurch sie jenem Fluch verfielen. Sollte sich also unser Heide über jene Stelle irritiert zeigen, und behaupten, das Wort des Propheten stehe im Widerspruch zu unserem Glauben, – denn wir sprächen ja gemäss der apostolischen Lehre nicht nur von Christus als Gott, um so unsere Hoffnung völlig unbesorgt auf ihn verlegen zu können, sondern ebenso von Jesus Christus als Menschen, und damit als Mittler zwischen Gott und den Menschen (cf. I Tim. 2,5), jener aber habe von ihm nur als Gott gesprochen, seine menschliche Natur aber völlig unerwähnt gelassen –, dann könnte er an der selben Stelle die Stimme des Propheten hören, der sich selber ermahnt und berichtigt (Jer. 17,9 LXX): Bedrückt ist sein Herz in allem; und er ist Mensch, und wer wird ihn erkennen? Denn Christus ist ja Mensch geworden, um jene, die bedrückt sind in ihrem Herzen, in Knechtsgestalt (Phil. 2,7) aufgrund ihres Glaubens zu heilen, sie sollten ihn aber dabei als Gott erkennen, der ihretwegen Mensch geworden ist, damit sie ihre Hoffnung nicht auf ihn als Menschen, sondern als Gottmenschen setzen. Und trotzdem ist sein Herz bedrückt in allem, und er ist Mensch, der Knechtsgestalt angenommen hat; und wer erkennt ihn? Er, der in Gottesgestalt war, betrachtete es nicht als Beutestück, Gott gleich zu sein (Phil. 2,6). Und er ist Mensch, weil das Wort Fleisch geworden ist und unter uns gewohnt hat (Joh. 1,14). Und wer erkennt ihn? Denn am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort (Joh. 1,1). Und wahrhaft bedrückt ist sein Herz in allem; denn auch inmitten seiner Jünger war sein Herz bedrückt, als er zu ihnen sagte (Joh. 14,9): Schon so lange bin ich bei euch und ihr habt mich nicht erkannt? Was heisst denn der Satz: So lange bin ich schon bei euch anderes als was hier (Jer. 17,9) gesagt wird: Und er ist ein Mensch? Und was heisst jener Satz: Und ihr habt mich nicht erkannt, anderes als was hier (Jer. 17,9) gesagt wird: Und wer erkennt ihn? Und wer anders ist damit gemeint als er, der sagt (Joh. 14,9): Wer mich gesehen hat, hat auch den Vater gesehen, damit wir unsere Hoffnung wegen jenes Fluchs, der durch den Propheten ausgesprochen wurde (Jer. 17,5), nicht auf den Menschen, sondern auf den Gottmenschen setzen, d.h. auf den Sohn Gottes, unseren Retter Jesus Christus, den Mittler zwischen Gott und den Menschen, der geringer ist als sein Vater wegen seiner Knechtsgestalt, seinem Vater aber gleich ist wegen seiner Gottesgestalt.
