11.
Vielleicht würde der Heide nun sagen, es berühre ihn auch seltsam, dass ausgerechnet die Juden, in deren Büchern sich angekündigt findet, was wir heute erfüllt sehen, mit uns nicht unter dem selben Evangelium vereinigt sind. Wenn wir ihn dann aber belehrten, dass sogar dies von den gleichen Propheten vorausgesagt worden ist, müsste das doch für ihn ein entscheidender Anstoss zum Glauben sein. Wer wäre so beschränkt, das nicht zu sehen, wer so schamlos, nicht zuzugeben, dass er es sieht? Wer könnte bezweifeln, dass die Prophetie den Juden gilt, wenn Isaias sagt (Is. 1,3): Der Ochse kennt seinen Besitzer und der Esel die Krippe seines Herrn; Israel aber erkennt mich nicht und mein Volk hat mich nicht verstanden, ebenso jener Satz, den der Apostel zitiert (Is. 65,2/Rm. 10,21): Den ganzen Tag habe ich meine Hand ausgestreckt nach einem Volk voller Unglauben und Widerspruch, und vor allem jener andere Satz (Is. 6,10/Rm. 11,8): Gott gab ihnen den Geist der Verstockung, Augen, dass sie nicht sehen und Ohren, dass sie nicht hören und nicht verstehen, und noch vieles von der Art? Wenn unser Heide dann fragen würde: Was war denn die Sünde der Juden, dass Gott sie blind machte, damit sie Christus nicht erkannten?, würden wir ihm, so weit das im Rahmen einer Einführungskatechese möglich ist, aufzeigen, dass diese Blindheit eine gerechte Strafe für andere, verborgene, aber Gott bekannte Sünden ist; und wir würden ihm nachweisen, dass nicht nur der Apostel über gewisse Menschen gesagt hat: Daher lieferte Gott sie den Begierden ihres Herzen (Rm. 1,24) und einem verworfenen Denken aus, sodass sie tun, was sich nicht gehört (ib. 28), – um damit zu zeigen, dass bestimmte, klar sichtbare Sünden Strafe sind für verborgene Sünden, – sondern dass auch die Propheten zu diesem Problem nicht geschwiegen haben. Denn, um das nur kurz zu erwähnen, an der Stelle, wo Jeremias sagt (Jer. 17,9): Und er ist Mensch, und wer erkennt ihn? zeigt er gleich anschliessend, – damit nicht etwa die Juden aus der Tatsache, dass sie Christus nicht erkannten, für sich eine Entschuldigung ableiten könnten, so wie der Apostel sagt (I Kor. 2,8): Wenn sie ihn nämlich erkannt hätten, hätten sie den Herrn der Herrlichkeit niemals gekreuzigt –, dass es ihr geheimes Verschulden war, dass sie ihn nicht erkannten. Er sagt da nämlich (Jer. 17,10): Ich, der Herr, befrage die Herzen und prüfe die Nieren, um einem jeden zu vergelten entsprechend seinem Verhalten und entsprechend der Frucht seiner Taten.
